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EM  Nebenschauplatz: Helmut bietet Fans den Halt in der Fremde

Am Ende der Straße, wo der Asphalt rissig wird und die Bauten grauer, gibt es eine Bar mit einem Plastikhai. Das „Captain Mark“ in Lemberg hat einen DJ, der am helllichten Tag laute Musik für zwei Gäste auflegt.

Am Ende der Straße, wo der Asphalt rissig wird und die Bauten grauer, gibt es eine Bar mit einem Plastikhai. Das „Captain Mark“ in Lemberg hat einen DJ, der am helllichten Tag laute Musik für zwei Gäste auflegt. Ein Hai im Plattenbaudschungel. Hier entstehen B-Movies. Oder Fanzines.

Nicole Selmer wartet auf der gegenüberliegenden Seite am Eingang eines Hostels, das vier verschiedene Namen hat. Hier sind das Fanbetreuungsteam des DFB und zahlreiche Anhänger der deutschen Elf untergekommen. „Ist mal was anderes als die Altstadt, was?“, sagt sie. Sie geht nach oben und öffnet die Tür zu einem 25-Quaratmeter-Zimmer, einer Art Konferenzraum, braune, laminierte Tische im Viereck aneinandergestellt, zwei Fenster. Hier wird gearbeitet. Hier entsteht „Helmut“.

Selmer arbeitet seit 2006 freiberuflich für das Fanbetreuungsteam. Zur WM 2010 hatten Kollegen von ihr erstmals die Idee, unter diesem Dach ein Fanzine für die mitreisenden Deutschland-Fans zu machen. Bis zum Finale sieben Ausgaben, 20 Seiten, 3000er-Auflage, farbig, pünktlich zur Partie am jeweiligen Spielort, „Helmut“ sollte es heißen, wie Helmut Schön oder Helmut Rahn. Selmer war anfangs skeptisch: „Ich dachte erst, die sind verrückt. Wie sollten wir das denn schaffen?“ Schließlich ist das Team in den jeweiligen Spielorten vornehmlich für die Fanbetreuung da: Wie komme ich zum Stadion? Wo gibt es noch private Unterkünfte? Welche Taxis kann ich nehmen? Ein bisschen Halt für die Fans in der Fremde. Nun also noch das Fanzine.

Doch sie schafften es, und das Fanzine kam an, die Anhänger honorierten vor allem die Idee dahinter und die Ansprache der Macher. Das hier war kein Uefa- oder DFB-Werbeprospekt, das sich als Magazin tarnte. „Helmut“ ist bis heute ein Magazin mit Inhalt. Mit Geschichten. Mit Geschichten über Fans. Die Produktion ist bis heute eine organisatorische Herkulesaufgabe geblieben. Gerade in der Ukraine wissen die Macher nie so recht, was auf sie zukommt. Ohne die Kontakte zu den lokalen Fanbotschaften in den Spielorten wäre ein solches Magazin in der Ukraine nicht machbar.

Das "Helmut"-Team besteht aus drei festen Mitarbeitern. Ricardo Baich ist Redakteur und Ingo Thiel macht die Grafik und Fotos. Markus Mau vom Schalker Fanprojekt ist heute als Gastautor dabei. Das Highlight der Ausgabe ist ein Foto: Manuel Neuer in der Hotellobby bei der Lektüre der letzten „Helmut“-Ausgabe.

Die Stimmung ist gut, dabei ist eigentlich Schiffbruch – wieder mal. Am Morgen gab es keinen Strom, seit Tagen funktionieren die UMTS-Sticks nicht richtig. Doch fertig wurden die Hefte bisher immer. Andreas Bock

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