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Ins Vakuum gesprintet. Nach dem Rücktritt von Miroslav Klose überzeugte Außenstürmer Karim Bellarabi (vorne) bisher als einzige neue Offensivkraft im DFB-Team.

© picture alliance / dpa

EM-Qualifikation: Deutschland gegen Gibraltar: Irgendwo zwischen Brasilien und Bhutan

Die deutsche Nationalelf will Gibraltar ernst nehmen – und träumt trotzdem von einem Torrekord.

Gibraltar also. Noch nicht gelistet in der Fifa-Weltrangliste, die sonst immer gern zurate gezogen wird für die Bestimmung des Harmlosigkeitskoeffizienten von Gegnern, die im eigentlichen Sinne keine sind, sondern schlechtere Trainingspartner. Es werden noch ein paar Niederlagen ins Land gehen, und die Fifa müsste Gibraltar aufnehmen, bis die neue Fußball-Nation ihren verdienten Platz finden wird im Tabellenwerk des Weltverbandes. Irgendwo im Umfeld der Cook-Inseln, Anguilla, Bhutan und San Marino. Macht nichts, sagt Thomas Schneider. Ein Sieg ist ein Sieg, und es gab noch keinen, seitdem er als Co-Trainer der der deutschen Nationalmannschaft dabei ist. Schneider saß beim 0:2 gegen Polen auf der Bank und beim 1:1 gegen Irland und findet, es sei jetzt an der Zeit für den ersten Sieg, „sonst muss ich mich und meine Arbeit hinterfragen“.

Der Torrekord ist ein 16:0 gegen Russland - aufgestellt vor 102 Jahren

Der eher introvertierte Schwabe formuliert das so ironisch, wie das bei seinem Naturell überhaupt möglich ist. Aber erstens verbietet sich nach sechs Wochen im Amt auch eine nur vorläufige Bewertung seiner Arbeit. Und zweitens geht es am Freitag in Nürnberg im allgemeinen Bewusstsein weniger um den Sieg an sich als vielmehr um die Höhe. Also um die Frage, ob die deutsche Mannschaft einen neuen Torrekord aufstellt, der alte steht bei einem 16:0 über Russland und ist jetzt auch schon 102 Jahre alt.

So denkt, so erwartet es die Nation vor dem vierten Spieltag der Qualifikationsrunde für die Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Damit nun ja kein Anflug von Überheblichkeit hinüber nach Nürnberg weht, legt Schneider Wert auf die Feststellung, „dass wir selbstverständlich mit der besten Mannschaft auflaufen werden“. Die Mannschaft sei sehr wohl im Bilde über den unbekannten Gegner: „Wir haben gemeinsam Videosequenzen studiert“ und dabei ermittelt, „dass Gibraltar sehr strukturiert gegen den Ball arbeitet. Das ist eine Mannschaft, die bespielt werden will“, und sie habe „gegen Polen und Georgien das Spiel lange Zeit offen gehalten“. 17 Gegentore in drei Spielen aber lassen vermuten, dass die gibraltarische Abwehr eine doch sehr dankbar zu bespielende ist. In diesem Sinne verrät Thomas Schneider, im Training seien bevorzugt Torschüsse geübt worden. Gibraltars Torhüter Jordan Perez sagt, er wäre schon mit sechs Gegentoren zufrieden, dann hätte sein Team eines weniger kassiert als Brasilien beim 1:7.

Mal auf links, mal auf rechts - Karim Bellarabi ergänzt das deutsche Spiel auf interessante Weise

„Wir müssen halt schnell ein Tor machen“, sagt der Leverkusener Mittelfeldmann Lars Bender. Richten soll es sein Klubkollege Karim Bellarabi, er ist so etwas wie der Krisengewinnler der Nationalmannschaft in diesen noch recht holprigen Nach-Brasilien-Zeiten. Frisch und unverkrampft ist Bellarabi in das vom emeritierten Miroslav Klose hinterlassene Vakuum gesprintet, obwohl er doch ein ganz anderer Stürmer-Typus ist. Einer, der seine Stärken weniger im Strafraum hat denn auf den Flügen. Mal links, mal rechts – mit seinem Speed ergänzt Bellarabi das deutsche Spiel auf interessante Weise.

Am Dienstag trifft Deutschland auf Spanien

Was noch fehlt, ist ein Tor. Gegen Polen und Irland war er mehrmals nach dran, und „es wäre schon schön, wenn ich am Freitag wieder spielen dürfte“. Ein Tor ist ein Tor, und wenn er gegen Gibraltar keins schießt, dürfte es in diesem Kalenderjahr schwierig werden. Zum Jahresabschluss testen die Deutschen am Dienstag in Vigo beim immer noch amtierenden Europameister Spanien.

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