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Unbeständig. Die deutschen Handballer um Michael Haaß und Patrick Groetzki können an guten Tagen jeder Mannschaft gefährlich werden. Nur kann das Team diese Form nicht regelmäßig abrufen.

© dpa

EM-Qualifikation: Deutschland kann nur schwarz oder weiß

Bei den Spielen gegen Tschechien wird deutlich. Der Handball-Nationalmannschaft von Trainer Martin Heuberger mangelt es an Konstanz.

Halle/Westfalen - Als die Formalitäten zum Spiel geklärt waren, wollte Martin Heuberger noch etwas Grundsätzliches loswerden. Er habe sich „sehr gewundert, wie respektlos in den Medien mit meiner Mannschaft umgegangen wird“, schimpfte der Handball-Bundestrainer. Alles werde schlechtgemacht, der Gegner als Kanonenfutter dargestellt, „so helfen wir dem Team nicht weiter“.

Martin Heuberger hätte diese Sätze am Sonntag nicht sagen müssen, nach dem für die EM-Qualifikation elementar wichtigen 28:23-Sieg seines Teams gegen Tschechien hätte er auch erhaben lächeln können. Oder schweigen. Oder sonst was. Dass er Letzteres nicht tat, verdeutlichte die angespannte Situation des 48-Jährigen, der in den 60 Spielminuten zuvor wie ein menschgewordenes Perpetuum mobile an der Seitenlinie entlanggefegt war. Bei einer Niederlage, die das erstmalige Scheitern eines deutschen Handball-Nationalteams in der EM-Qualifikation bedeutet hätte, wären die Diskussionen um seine Tauglichkeit als Bundestrainer wieder aufgekommen, genau wie nach der Hinspiel-Niederlage gegen die Tschechen am vergangenen Donnerstag (22:24). Jetzt, da sich die Deutschen mit Siegen in den beiden ausstehenden Gruppenspielen wieder aus eigener Kraft qualifizieren können, darf Heuberger erstmal weiterarbeiten.

„Der Druck vor dieser Partie war enorm, das können wir nicht leugnen“, sagte Horst Bredemeier, Vizepräsident Leistungssport beim Deutschen Handball-Bund (DHB). Deshalb könne er Heubergers trotzige Reaktion durchaus verstehen. „In der öffentlichen Wahrnehmung unseres Sports gibt es in Deutschland eben kein Grau, sondern nur Schwarz und Weiß“, ergänzte Bredemeier. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass sich diese These problemlos auf die Leistungen der deutschen Mannschaft in der jüngeren Vergangenheit übertragen lässt. An guten Tagen, wie bei der jüngsten WM im Januar, ist sie imstande, den amtierenden Olympiasieger Frankreich zu besiegen und dem Gastgeber und späteren Weltmeister Spanien ein würdiges Viertelfinale zu liefern. Gleichwohl bringt sie an schlechten Tagen das Kunststück fertig, ein Heimspiel gegen Montenegro herzuschenken oder in Israel an den Rand einer Niederlage geführt zu werden. Schwarz und Weiß halt. Und mittendrin Martin Heuberger.

Zu Kaufmann und Glandorf will Heuberger keinen Kommentar abgeben

Der Bundestrainer hat bei seinem Amtsantritt vor eineinhalb Jahren gleich einen ganzen Sack Probleme von seinem Vorgänger Heiner Brand aufgeschultert bekommen, allen voran die über Jahre vernachlässigte Jugendarbeit im größten Handballverband der Welt. Mittlerweile stehen zwar wieder hoffnungsvolle Jahrgänge bereit, die Heuberger auch konsequent ins Team einbaut – zur jüngsten WM fuhr er gleich mit sechs Debütanten. Trotzdem hat es bisweilen den Anschein, als würde Heuberger alles als Fehler ausgelegt, was er anpackt.

Bestes Beispiel: die Personalien Holger Glandorf und Lars Kaufmann. Die Spieler von der SG Flensburg-Handewitt hatten im Januar verletzungsbedingt auf eine WM-Teilnahme verzichtet, aber wenige Tage nach dem Turnier bereits wieder für ihren Verein gespielt. Sieht man einmal vom Großraum Flensburg ab, erntete Heuberger durchaus Lob für seine Entscheidung, in der EM-Qualifikation auf das Rückraum-Duo zu verzichten – bis zur Niederlage gegen Tschechien in der vergangenen Woche. „Da hieß es dann wieder: Wie kann man auf die beiden verzichten“, sagt Horst Bredemeier, „das ist vollkommen schizophren.“ Zumal es in den Partien gegen Tschechien auf einer Position nicht hakte: im rechten Rückraum, der Glandorf-Position, die Steffen Weinhold glänzend besetzte.

Wie es denn im Politikum Kaufmann/Glandorf weitergehe, wurde Martin Heuberger noch gefragt. Seine Antwort: „Kein Kommentar.“ Grundsätzlicher wollte der Bundestrainer diesmal nicht werden.

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