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Sport: Ende der Idylle

Herthas Torwart Christian Fiedler verletzt sich im Trainingslager und fällt wohl bis Ende August aus

An Tag neun des überaus harmonischen Trainingslagers von Hertha BSC endete die Idylle um kurz nach elf mit einem lauten Schrei. Thorben Marx kniete im Mittelkreis nieder und hielt sich die Hände vors Gesicht. Die medizinischen Betreuer rannten aufs Feld. Niko Kovac traf eine erste Ferndiagnose. „Gebrochen! Das ist gebrochen!“, rief Herthas Mittelfeldspieler. Im Fünfmeterraum lag Torhüter Christian Fiedler und schrie vor Schmerzen. Sein rechter Unterarm war um fast 90 Grad abgewinkelt. „So was habe ich noch nie gesehen“, sagte Pal Dardai. Herthas Torhüter wurde umgehend in eine chirurgische Privatklinik gleich neben dem Fußballplatz von Schruns gebracht. Zumindest die schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich dort allerdings nicht: Fiedler zog sich zwar einen Kapsel- und Bänderriss im Gelenk zu, der Arm ist aber nicht gebrochen. „Die Pause berechnet sich in Wochen, nicht in Monaten“, sagte Herthas Manager Dieter Hoeneß. „Es besteht die Chance, dass Christian Ende August wieder halten kann.“ Fiedler wurde bereits am Nachmittag operiert und kann das Krankenhaus heute wieder verlassen.

„Das ist ein Schock“, sagte Trainer Falko Götz nach dem Training. „Christian ist nicht nur ein hervorragender Torhüter, er ist auch in der Mannschaft sehr beliebt.“ Fiedler, lange Zeit die Nummer zwei hinter Gabor Kiraly, hat gerade seine erste Saison als Stammtorhüter hinter sich und war maßgeblich an den erfreulichen Defensivwerten des Berliner Fußball-Bundesligisten beteiligt. Keine Mannschaft kassierte weniger Gegentore als Hertha BSC. Dank seiner überzeugenden Leistung entwickelte sich Fiedler auch zu einer wichtigen Führungsfigur bei Hertha. Umso schlimmer trifft ihn und die Mannschaft nun die Verletzung.

Das Unglück passierte beim Flankentraining. Alexander Ludwig hatte von rechts in den Strafraum geflankt. Fiedler wehrte den Torschuss ab und sprang dem Abpraller entgegen. Aus der Gegenrichtung flog Nando Rafael heran, in der Luft prallten sie gegeneinander, Fiedler fiel und stürzte mit seinem Körper auf den rechten Arm. „Kein Vorwurf an Nando“, sagte Götz. „Das war eine unglückliche Situation, wie sie im Training passiert.“ Rafael musste trotzdem von Herthas Betreuer Nello di Martino getröstet werden, als er den Trainingsplatz verließ.

Solange Fiedler ausfällt, wird der 26 Jahre alte Gerhard Tremmel für Hertha BSC im Tor stehen. „Gerri ist jetzt der Mann“, sagte Götz. „Er kennt die Bundesliga.“ Das unterscheidet Tremmel vom 22 Jahre alten Kevin Stuhr-Ellegaard, den Hertha für die neue Saison von Manchester City verpflichtet hat. Der Däne war eigentlich als Torhüter für Herthas Regionalliga-Mannschaft vorgesehen und rückt jetzt zum Ersatzmann hinter Tremmel auf. „Er hat sicherlich eine gute Perspektive“, sagt Götz. Der Sprung zum ersten Torhüter ist für Stuhr-Ellegaard allerdings noch zu groß.

Tremmel war schon einmal da, wo er jetzt, zumindest übergangsweise, wieder hinkommt. Schon mit 21 Jahren schaffte er es zum Stammtorhüter in der Bundesliga. Seit seinem Debüt am 7. April 2000 ist er allerdings nur zu insgesamt 61 Einsätzen für Unterhaching und Hannover gekommen. Sein letztes Spiel liegt bereits fast zwei Jahre zurück. Trotzdem sagt Tremmel: „Ich traue mir die Sache zu.“ Trainer Götz erwartet von ihm, „dass er der Rückhalt für uns sein wird, der er lange in Unterhaching gewesen ist“. Allerdings hat Herthas sportliche Führung lange überlegt, ob sie den Einjahresvertrag mit dem Ersatztorhüter in diesem Sommer überhaupt verlängern sollte. Inzwischen hat Tremmel seine Anpassungsschwierigkeiten überwunden. Götz glaubt, „er ist jetzt einfach fitter“. Aus dem Urlaub jedenfalls sei Tremmel diesmal sehr viel besser vorbereitet zurückgekommen als im vergangenen Jahr. „Damals wusste er noch nicht, was auf ihn zukommt“, sagt Götz. Und seit gestern weiß Gerhard Tremmel auch, wofür er so hart gearbeitet hat.

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