zum Hauptinhalt
Vergangene Zeiten. Sascha Rabe mit seiner früheren Partnerin Tanja Kolbe. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Sport: Ende einer Klage?

Eislauf-Funktionär Dönsdorf könnte gewinnen, weil ein Zungenkuss keine sexuelle Belästigung sein muss

Berlin - Am 14. Januar wird 2011 Richter Axel Haeusermann einen Beschluss verkünden. Sollte er sogar ein Urteil verlesen, dann wäre zumindest vor dem Landgericht Berlin das Verfahren zwischen Sascha Rabe und Udo Dönsdorf beendet, zwischen dem früheren Eistänzer Rabe und dem Sportdirektor der Deutschen Eislauf-Union (DEU). Rabe hat Dönsdorf auf Schmerzensgeld verklagt, weil er sich von ihm sexuell belästigt fühlt. Dönsdorf bestreitet das.

Und es würde nicht überraschen, wenn Dönsdorf in diesem Prozess gewinnt, mit einer Begründung, die für Nicht-Juristen einigermaßen kurios klingt: Ein aufgedrängter Zungenkuss muss keine erhebliche sexuelle Belästigung darstellen.

Nach der letzten, nicht öffentlichen Sitzung, hatte Dönsdorfs Anwalt Alexander Stolberg erklärt: „Es muss die Frage geklärt werden, ob ein Zungenkuss schon eine sexuelle Handlung ist. Immerhin handelt es sich um zwei homosexuelle Männer.“ Einen Zungenkuss gab es, unbestritten, einen „flüchtigen“, wie der Sportdirektor mal erklärte. Dönsdorf behauptet, der „flüchtige Zungenkuss“ sei nachts in seinem Hotelzimmer einvernehmlich gewesen. Rabe bestreitet das. Aber bei ihm liegt die Beweislast, Rabe muss die sexuelle Belästigung nachweisen.

Die Sachlage ist ein bisschen kompliziert. Sollte der Richter zu der Einschätzung kommen, Rabe könne nicht beweisen, dass ihm der Kuss aufgedrängt worden war, dann hat sich das Thema sexuelle Belästigung sowieso erledigt. Denn dann habe Einvernehmen geherrscht.

Allerdings liegt der Gedanke nahe, dass von einer Einvernehmlichkeit eher nicht ausgegangen wird. Sondern, dass es um den Punkt geht: Wie erheblich war der Eingriff in die Intimsphäre? Zumindest könnte man Stolbergs Satz so interpretieren. Und Rabes Anwältin Karla Vogt-Röller sagt ganz deutlich, es gehe jetzt um den Punkt: „Ist ein Zungenkuss eine erhebliche sexuelle Belästigung?“ Und das bedeutete dann als entscheidende Frage: War die Grenzüberschreitung so bedeutsam, dass sie ein Schmerzensgeld rechtfertigt?

Das Oberlandesgericht Brandenburg hatte mal geurteilt: „Ein aufgedrängter, kurzzeitiger Zungenkuss ohne sexuell motivierte Berührung des übrigen Körpers“ sei noch keine erhebliche Grenzüberschreitung, man müsse weitere Verhältnisse berücksichtigen. Rabe erklärt freilich, Dönsdorf habe ihn auch im Intimbereich berührt, beweisen kann er es allerdings nicht. Es gibt keine Zeugen.

Nach Dönsdorfs Aussage hätten sich Rabe und er betrunken gegenübergesessen. Dann seien beide mit den Oberkörpern nach vorne gekippt. Dabei sei es „spontan“ zu dem „drei bis fünf Sekunden langen“ Zungenkuss gekommen. Rabe dagegen erklärt, Dönsdorf sei extra um einen Tisch gekommen, erst dann habe er ihn geküsst. Er habe ihn dann zurückgestoßen und gesagt: „Stopp, das geht viel zu weit.“

Der Bundesgerichtshof hatte mal festgestellt: „Ein Kuss zwischen gleichgeschlechtlichen Personen ist nicht stets und ohne Berücksichtigung von Begleitumständen per se eine sexuelle Handlung von einiger Erheblichkeit.“ Abgeschlossen muss der Fall am 14. Januar nicht sein. Sollte Rabe verlieren, kann seine Anwältin in Berufung gehen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false