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Ohne echte Antworten. Franz Beckenbauer hat der „SZ“ ein dreistündiges Interview gegeben. Zu den entscheidenden Details der Affäre um die WM 2006 sagte er wenig.

© AFP

Franz Beckenbauer und die WM 2006: Entscheidende Gedächtnislücken

Franz Beckenbauer kann sich an vieles in der Affäre um die WM 2006 nicht erinnern – und wirft so noch mehr Fragen auf.

Von Johannes Nedo

Es muss eine neue und ganz spezielle Gedächtnisschwäche sein, an der Franz Beckenbauer neuerdings leidet. Anders ist das doch alles nicht mehr zu erklären – vermuten jedenfalls die Gesundheitsexperten der NDR-Satiresendung „Extra-3“. In einem unterhaltsamen Fernsehbeitrag bezeichnen sie Beckenbauers Gedächtnislücken als „DFBMenz“.

Und auf dem Weg der Besserung scheint der 70-Jährige in diesem Fall noch nicht zu sein. Beckenbauer hat sich in einem langen Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ zwar zu allen Themen geäußert, wegen denen er in der Affäre um die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 derzeit so sehr in Bedrängnis ist: der mutmaßlichen Vereinbarung mit dem ehemaligen Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner und der mysteriösen Zahlung von 6,7 Millionen Euro an die Fifa. Doch die wichtigen Fragen konnte der damalige Chef des WM-Organisationskomitees dabei nicht beantworten.

Natürlich kann Beckenbauer seine Erinnerungslücken erklären. „Ich war ja nicht nur für die WM unterwegs, ich habe ja etwas anderes auch noch zu tun gehabt. Ich war Präsident des FC Bayern“, sagte er. Den Entwurf für einen Vertrag mit Warner bezeichnet er als ein „Entwicklungshilfepaket mit Ticketing-Möglichkeit“. Und bei der Zahlung an die Fifa weiß er kaum mehr etwas.

Beckenbauer soll einen Schuldschein unterschrieben haben - kann sich aber nicht erinnern

Beckenbauer und weitere Mitglieder des WM-Organisationskomitees hatten den Transfer von 6,7 Millionen Euro, der 2002 stattgefunden haben soll, als Voraussetzung für einen Fifa-Zuschuss in Höhe von 250 Millionen Schweizer Franken erklärt. Das Geld hatte der frühere Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus dem WM-Organisationskomitee geliehen, für das Beckenbauer einen Schuldschein unterschrieben haben soll. Daran kann sich Beckenbauer aber nicht erinnern. Es sei möglich, dass sein damaliger Manager Robert Schwan ihm so ein Papier hingelegt habe. „Ich habe ihm immer blind vertraut und bin dann wieder auf Wanderschaft gegangen“, sagte Beckenbauer. Einen Stimmenkauf habe es aber nicht gegeben. „Ich weiß, dass ich nichts Unrechtes getan habe. Ich habe mich mit Haut und Haaren bemüht, die WM nach Deutschland zu holen. Ich habe ein reines Gewissen. Wir haben weder bestochen, noch haben wir schwarze Kassen gehabt“, sagte er.

Ohne echte Antworten. Franz Beckenbauer hat der „SZ“ ein dreistündiges Interview gegeben. Zu den entscheidenden Details der Affäre um die WM 2006 sagte er wenig.
Ohne echte Antworten. Franz Beckenbauer hat der „SZ“ ein dreistündiges Interview gegeben. Zu den entscheidenden Details der Affäre um die WM 2006 sagte er wenig.

© Imago

In der nächsten Woche wird Beckenbauer ein zweites Mal vor den externen DFB-Ermittlern aussagen. Die Wirtschaftskanzlei Freshfields untersucht im Auftrag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), ob es bei der Vergabe der WM 2006 Unregelmäßigkeiten gab. Als einstiger Chef der Bewerbung hatte Beckenbauer schon Ende Oktober ausgesagt.

In der „SZ“ äußerte sich Beckenbauer auch zum Treffen mit dem zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach zuletzt in Salzburg. Er habe ihm helfen wollen. Aber bei der Erklärung, die Beckenbauer unterschreiben sollte, habe es Fehler gegeben. Das habe er nicht unterschreiben können. „Ich hab’ ihm gesagt, Wolfgang, wir bleiben Freunde. Aber so geht es halt nicht. Es ist einiges unglücklich gelaufen.“

Enttäuscht zeigte sich Beckenbauer vom ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger. „Er hat sich verändert, ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Wir waren doch Freunde“, betonte er. Überhaupt werde das Sommermärchen nun einfach in den Schmutz gezogen, sagte Beckenbauer. Zu seiner Gedächtnisschwäche ist also auch noch Verbitterung gekommen.

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