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ENTSCHEIDUNG IN DER EM-QUALIFIKATION Den deutschen Fußballern reicht in Irland ein Punkt: Zurück in Europa

Der Aufschwung der deutschen Nationalmannschaft hat bei der WM begonnen, aber von der damaligen Elf ist nicht viel geblieben

Ein Oktober-Ausflug nach Dublin ist für gewöhnlich eine ungemütliche Angelegenheit. In diesem Jahr aber ist es überraschend mild, morgens setzt sich leichter Nebel auf die Dächer, und spätabends sitzen die Dubliner noch draußen vor den Pubs. Es ist alles angerichtet für ein kleines Stück deutsche Fußballgeschichte, heute im Croke Park der irischen Hauptstadt. Sollte die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw dem Gastgeber mindestens einen Punkt abknöpfen, wäre Deutschland für die Europameisterschaft 2008 qualifiziert. Es wäre, beginnend mit dem Titelgewinn 1972, die zehnte Turnierteilnahme hintereinander für den dreimaligen Europameister. Aber so schnell wie dieses Mal hätte sich eine deutsche Mannschaft nie zuvor qualifiziert.

„Das würde unsere Ambitionen untermauern“, sagt Teammanager Oliver Bierhoff. Nach der erfolgreichen Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr will Deutschland im kommenden Sommer den Titel gewinnen. Aber wie soll die Mannschaft aussehen? Man könnte die Frage auch anders stellen: Wo ist die WM-Elf geblieben? Aus der Stammelf der WM fehlen diesmal Miroslav Klose, Philipp Lahm, Bernd Schneider und Michael Ballack. Verletzungsbedingte Ausfälle von Stammspielern begleiten die gesamte Amtszeit Löws. Seit August 2006 hat der Bundestrainer in 14 Länderspielen nicht einmal die WM-Elf aufbieten können. Die Spiele in Dublin und vier Tage später in München gegen Tschechien werden das siebente und achte Länderspiel hintereinander sein, bei dem Kapitän Ballack fehlt. Zum bisher letzten Mal lief er im März in Prag für Deutschland auf. Beim 2:1-Sieg, der vielleicht besten Leistung einer deutschen Mannschaft seit der WM, hatte Löw eine Mannschaft aufgeboten, die der WM-Elf noch am nächsten kam.

„Es ist doch erfreulich, dass wir uns einen breiten Stamm von Spielern aufgebaut haben“, sagt Oliver Bierhoff. Joachim Löw setzte insgesamt 36 Spieler ein, darunter 14 Debütanten. Von den 23 WM-Teilnehmern waren 20 bei mindestens einem der Löw-Länderspiele dabei. Nur Robert Huth, Sebastian Kehl und der zurückgetretene Oliver Kahn spielten nicht mehr für Deutschland. „In der EM- Saison gehen wir mit Verletzungen überhaupt keine Risiken ein. Letztlich zählt, dass alle bei der EM im nächsten Sommer gesund und in Form sind“, sagt Löw.

Immer wieder sieht sich der Bundestrainer gezwungen, seine Mannschaft umzustellen und „andere Lösungen zu finden“, wie er das nennt. „Es ist schade, dass wir doch immer wieder Spieler ersetzen müssen“, sagt Löw. „Bislang konnten wir das immer kompensieren.“ Gegen die Iren kehrt Torsten Frings zurück. „Ich spüre eine unglaubliche Motivation bei ihm, eine Freude, wieder dabei zu sein“, sagt Löw über den Bremer. Frings wird also spielen, ebenso Bastian Schweinsteiger, der wie schon in Wales die Position von Ballack übernehmen wird. Um die beiden noch freien Plätze im Mittelfeld „gibt es noch ein paar Gedankenspiele“, sagt Löw.

Die Angst, dass sich zu spät eine Mannschaft für die EM findet und dann nicht eingespielt ist, sieht Löw nicht. Er verweist auf die WM 2006. Erst im letzten Testspiel gegen Kolumbien (3:0) Anfang Juni 2006, exakt eine Woche vor dem Turnierauftakt, hatte sich die spätere WM-Elf herauskristallisiert. Michael Ballack hatte nach dem 2:2 gegen Japan im vorletzten WM-Testspiel (Ende Mai) beim damaligen Bundestrainer Jürgen Klinsmann erfolgreich interveniert und Korrekturen im Team eingefordert. „Heute sind wir viel weiter, wir haben ein ganz anderes Fundament“, sagt Löw.

Etwa 35 Spieler umfasst das erweiterte Aufgebot. „Dass unser Kader breiter geworden ist, gefällt uns schon. Ich hoffe, dass die Spieler die ganze Saison über um diese Chance kämpfen“, sagt Löw. Er will nicht ausschließen, dass vielleicht noch ein Spieler hinzukommt, der bisher nicht für Deutschland gespielt hat. Vor der WM überraschte Klinsmann mit der Nominierung von David Odonkor, der Kevin Kuranyi vorgezogen worden war. Härtefälle wird es auch im Sommer geben. „Jetzt müssen wir uns aber erst auf Irland konzentrieren und den nötigen Punkt holen“, sagt Löw. Für diesen Fall hat der Bundestrainer eine kleine, interne Feier angekündigt. „In den vergangenen Qualifikationsjahren war häufig der Druck da, im letzten Spiel noch gewinnen zu müssen“, sagt Löw. „Das wollen wir nicht, und wir werden es auch nicht haben.“

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