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Entscheidung: Olympische Spiele 2012 in London

London richtet als erste Stadt zum dritten Mal Olympische Spiele aus. Das IOC wählte die britische Hauptstadt zum Gastgeber der 30. Olympischen Sommerspiele 2012.

Singapur (06.07.2005, 17:20 Uhr) - Als erste Stadt der Welt wird London 2012 zum dritten Mal nach 1908 und 1948 Gastgeber Olympischer Spiele sein. Die britische Hauptstadt triumphierte am Mittwoch in einem dramatischen Fünfkampf der Weltmetropolen bei der 117. Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) vor dem großen Rivalen Paris sowie Madrid, New York und Moskau.

Als IOC-Präsident Jacques Rogge um 13.49 Uhr die Stadt an der Themse im Ballsaal des Raffles Convention Center von Singapur zum Sieger erklärte, war der britische Jubel grenzenlos und die französische Enttäuschung abgrundtief. Mit der überraschenden Niederlage blieb die Hoffnung von Paris als zweimaliger Olympia- Ausrichter (1900 und 1924) unerfüllt, das größte Sportfest selbst als erste Stadt in der dann 118-jährigen IOC-Geschichte zum dritten Mal auszurichten.

Die großen Sieger im Duell zwischen London und Paris, das im vierten Wahlgang mit 54:50 Stimmen ausging, waren der zweimalige Leichtathletik-Olympiasieger Sebastian Coe und Premierminister Tony Blair, denen London den Sieg in letzter Minute zu verdanken hatte. Coe moderierte die 45-minütige Präsentation vor der Vollversammlung brillant. Er bekannte: «Ein Sieg für London ist etwas ganz Großes, mehr als meine Olympiasiege. Die Wahl ist eine große Verpflichtung, gegenüber unserem Land, aber auch gegenüber der Welt.»

Auch das deutsche IOC-Mitglied Thomas Bach unterstrich die Bedeutung der Darstellung Londons für den Sieg: «In einem ganz knappen Rennen hat die Präsentation den Unterschied ausgemacht. Ein Bewerber muss Fakten und Emotionen rüberbringen, Jugend und Sport thematisieren - und das alles möglichst mit Humor.» Coe habe bewiesen, dass ein Athlet eine Sportmessage am überzeugendsten rüberbringen könne.

Blair hatte bei seinem zweitägigen Besuch in Singapur mit Dutzenden IOC-Mitgliedern gesprochen und sie dabei offenbar von den Qualitäten Londons überzeugt. «Wir versprechen Ihnen, dass wir ihre besten Partner sein werden», hatte Blair per Video - teils in Französisch - der Vollversammlung versichert, «die ganze Regierung steht hinter der Bewerbung. Es ist die Bewerbung einer ganzen Nation.» Beim G8-Gipfel im schottischen Gleneagles hielt Blair die Spannung nicht aus und verließ kurz vor der Verkündung des Siegers den Fernsehraum: «Ich konnte es einfach nicht mehr mitansehen, der Typ brauchte so lange, um den Umschlag aufzukriegen.»

Für den französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac war die Niederlage besonders schmerzlich. Während sein politischer Gegner Blair schon im Flugzeug nach Schottland saß, hatte Chirac den IOC- Mitgliedern persönlich «unvergessliche Spiele» in Paris versprochen. Die Hiobsbotschaft erfuhr der 72-Jährige dann auf dem Flug vom olympischen zum politischen Gipfel. Chirac hatte als Bürgermeister schon 1986 die Pariser Olympia-Bewerbung für 1992 angeführt. Sie scheiterte an Barcelona. Bei der Kandidatur zu den Spielen 2008 war die französische Hauptstadt hinter Peking und Toronto nur Dritter geworden.

Bei der Präsentation vor der Session war Bürgermeister Bertrand Delanoe noch geschickt auf die gescheiterten Bewerbungen eingegangen, indem er von einem Lernprozess sprach. Madrid hatte durch die Herzlichkeit des Plädoyers von Königin Sofia und Moskau durch die Kampaktheit seines Modells «Spiele am Fluss» Moskwa beeindruckt. Im Gegensatz dazu wirkte die Selbstdarstellung New Yorks als ein einziger Superlativ eher aufdringlich. Am anrührendsten war bei den sich über acht Stunden hinziehenden Präsentationen der Auftritt von Muhammad Ali. Als er sich vorstellen wollte, drohte er beim Aufstehen zu stürzen - um dann doch noch stehend die Ovationen der Welt- Sportfunktionäre entgegennehmen zu können. Der wohl größte Boxer überhaupt leidet immer stärker unter einer Parkinson-Erkrankung.

Dennoch war New York als zweite Stadt nach Moskau und vor Madrid ausgeschieden. Dabei hatte Spaniens Hauptstadt im zweiten Durchgang mit 32 Stimmen sogar die meisten vor London (27) und Paris (25) erhalten. Im dritten Wahlgang war Paris (33) als Zweiter hinter London (39) sogar nur um zwei Stimmen dem noch früheren K.o. durch Madrid (31) entgangen. Leipzig als deutscher Bewerber hatte die Vorausscheidung nicht überstanden und war bereits am 18. Mai 2004 vom IOC von der Kandidatenliste gestrichen worden. London will vom 27. Juli bis 12. August 2012 Spiele der kurzen Wege präsentieren. 80 Prozent aller Wettkampfstätten sollen innerhalb von 20 Minuten vom Olympischen Dorf aus erreichbar sein. Das Konzept sieht ein olympisches Zentrum in einem neu zu schaffenden Olympia- Park im Osten der britischen Hauptstadt mit zwei weiteren Zentren an der Themse und im Stadtkern vor. Der Olympia-Park enthält das Athleten-Dorf, das Olympiastadion für 80 000 Zuschauer und Wettkampfstätten für zwölf weitere Sportarten. An der Themse sind 14 Sportarten in zehn bis 15 Kilometer Entfernung vom Olympischen Dorf vorgesehen, im Zentrum sechs. Bekanntester Austragungsort ist Wimbledon für das olympische Tennisturnier. (Von Günter Deister, dpa)

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