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Sport: Entscheidung vertagt

Meredith Michaels-Beerbaum verpasst in Hannover den vorzeitigen Gewinn der Riders Tour

Als alle dachten, die German Classics in Hannover seien vorhersehbar, und Meredith Michaels-Beerbaum die sichere Siegerin des Grand-Prix-Springens, kam alles anders. Shutterfly, das Pferd der Favoritin, berührte schon im ersten Umlauf mit dem Bauch die Stange in der Dreier-Kombination, und die Stange fiel. Die Halle raunte. Die Feierstimmung war dahin.

Alle Spannung lag auf Meredith Michaels-Beerbaum, weil sie in Hannover die Möglichkeit gehabt hätte, die wichtige Turnierserie Riders Tour vor der letzten Etappe in München Anfang Dezember zu gewinnen. Hätte sie die German Classics gewonnen, dann wäre sie nicht mehr einzuholen gewesen. Daran haben eigentlich alle geglaubt, denn die Amerikanerin, die für Deutschland startet, hat dieses Jahr die wichtigsten Turniere gewonnen, den Großen Preis von Aachen, das Turnier der Sieger in Münster, den Weltcup in Las Vegas. „Ich weiß nicht, wer sie noch aufhalten soll“, hatte Springreiter Marco Kutscher noch am Samstag nach der Qualifikation gesagt. Und für Bundestrainer Kurt Gravemeier heißen die zwei besten Reiter-Pferd-Paare weltweit „Meredith Michaels-Beerbaum mit Shutterfly und Meredith Michaels-Beerbaum mit Checkmate“. Doch sie erreichte nicht den zweiten Durchgang und landete auf Platz 13.

Die Enttäuschung war Michaels-Beerbaum anzusehen. Auch wenn sie, ganz amerikanisch und ganz sportlich, versuchte zu lächeln und sogar noch Witze machte. Sie habe eben Paul Schockemöhle, Veranstalter der German Classics, versprochen, es spannend zu machen. Vorher war der Tonfall enttäuschter: „Alle haben eben gedacht, Shutterfly geht wie eine Maschine“, sagte sie. Aber er sei eben ein Tier. „Es war nur ein kleiner Fehler, der mich den Sieg gekostet hat“, sagte sie wehmütig. Dabei sei Shutterfly gut drauf gewesen, und sie habe gut geritten. Das fand auch Schockemöhle: „Nur fünf Zentimeter weiter hätte er springen müssen. Aber weil es so unvorhersehbar ist, lieben wir ja den Springsport.“

Verstecken konnte sich Michaels-Beerbaum nach ihrer Enttäuschung nicht. Klein ist Hannover, trotz Weltcup, trotz Elitereiter und trotz 35 200 Zuschauern. Halle, Buden und Abreiteplatz liegen nah beieinander, und Zuschauer und Reiter mischen sich. Die Zuschauer stehen direkt am Rand des Abreiteplatzes, sehen Ludger Beerbaum mit Champion Du Lys oder Marcus Ehning mit Sandro Boy zehn Zentimeter vor ihnen. Sie müssten nur die Hand ausstrecken, um über das Fell der Pferde streichen zu können.

Vielleicht hätte das den Deutschen Glück gebracht. Im Grand-Prix-Springen verließ sie das Glück im zweiten Umlauf jedenfalls in Folge: Markus Beerbaums Constantin drehte vom ersten Sprung an auf. Der Erste der Weltrangliste, Marcus Ehning, lieferte eine rasante und dabei so sichere Runde, dass die Menschen vor dem letzten Oxer ihn anzufeuern begannen – er ist schnell, er könnte es schaffen, könnte siegen. Das sah sein Pferd Sandro Boy wohl anders – und verweigerte den Sprung. Marcus Ehning klopfte seinem Pferd dennoch auf den Hals. Wenn der Absprung nicht ideal ist, die Distanz nicht passt, dann soll das Pferd eben parken. Es gewann schließlich der Niederländer Gerco Schröder und seine Lanapoule. Schneller und sicherer war keiner. Mit dieser überraschenden Prüfung ist sicher: In Bayern wird es vom 1. bis 4. Dezember spannend. Zwar führt Michaels-Beerbaum noch die Gesamtwertung an, aber genauso könnten Otto Becker oder Mylene Diederichsmeyer die Tour für sich entscheiden – und 250 000 Euro Preisgeld gewinnen.

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