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Sport: Erhöhter Spaßfaktor

Werder Bremen rechnet wieder mit dem Einzug unter die letzten 16 in der Champions League

Man habe ausgiebig Champagner getrunken. Sich noch im Trikot ins Ermüdungsbecken geworfen. Und am Ende auch noch auf den Massagebänken getanzt. Völlig enthemmt natürlich. Genauso hat Torsten Frings auf die Frage geantwortet, wie denn die Stimmung in der Kabine sei, nachdem Werder Bremen gegen Lazio Rom mit 2:1 (1:0) gewonnen und den ersten Erfolg in diesem Jahr in der Champions League gesichert hatte. Doch die übellaunige Miene des Wortführers von der Weser verriet: alles nur ein Scherz. Weder ist in den Katakomben im Bauch der Ostkurve des Weserstadions in der Nacht zu Donnerstag prickelnde Brause geflossen, noch der Whirlpool missbraucht, geschweige denn schunkelnd auf Bänken gestanden worden. „Was denken Sie denn?“, blaffte Frings.

Will heißen: Wenn Werder gegen den recht biederen Tabellen-13. der Serie A gewinnt, ist das eingedenk des Bremer Anspruchdenkens ziemlich normal. Zumal, wenn man noch ins Achtelfinale einziehen will. „Wir haben einen Schritt gemacht“, konstatierte Trainer Thomas Schaaf gewohnt nüchtern, „jetzt müssen noch einige folgen.“ Nämlich möglichst noch ein Sieg im Olympiastadion von Rom in zwei Wochen, überdies Zählbares gegen Real Madrid (28. November) und bei Olympiakos Piräus (11. Dezember). „Ich hatte mir zwar gewünscht, dass wir das ganze Spiel souverän zu Ende spielen“, resümierte Sportchef Klaus Allofs, „aber ich hatte nicht den Eindruck, dass wir noch groß in Schwierigkeiten kommen könnten. Alles ist wieder möglich.“

Und in Anbetracht des Stuttgarter Versagens und der Schalker Schwäche schwingt sich Werder – trotz erst drei Punkten aus drei Partien – zu der Mannschaft auf, die am ehesten als Flaggschiff des deutschen Fußballs taugt, wenn schon der FC Bayern in der Champions League nicht mitspielen darf. „Unser Sieg war auch wichtig für die Bundesliga“, befand Allofs.

Willfährig spielt Werder den Vorreiter auf der prominenten internationalen Bühne, zumal sich der Eindruck verstärkt, dass dieser weitgehend komplettierte Kader von Woche zu Woche an Klasse und Konstanz gewinnt. Oder würde Frings sonst sagen: „Ich bin immer noch nicht ganz fit. Das dauert noch ein paar Spiele. Aber was ich im Moment bringe, reicht auch.“ Da spricht das pure Selbstbewusstsein. Es war nicht immer glanzvoll, aber mitunter nett anzusehen, wie die Norddeutschen den italienischen Widerpart beherrschten (60 Prozent Ballbesitz, 18:9 Torschüsse, 12:5 Chancen) und nach Toren ihrer beiden Stürmer Boubacar Sanogo und Hugo Almeida beim späten Gegentreffer von Christian Manfredini verdient siegten.

Was am Ende der Vorrunde herausspringen soll, ist klar formuliert: der Vorstoß unter die letzten 16. Allein deshalb, weil der Auftritt im zweitklassigen, zäheren Wettbewerb, im Uefa-Cup, häufig unterschätzte Risiken und Nebenwirkungen birgt, wie Per Mertesacker anschaulich erläuterte. „Da sind wir Deutschen doch schon gut vertreten. Und im Uefa-Cup muss man immer donnerstags und samstags oder donnerstags und sonntags ran. Immer wieder den Hebel anzuziehen, wenn die anderen schon gespielt haben, kostet viel Kraft und macht keinen Spaß.“ Schon in der vorigen Saison, so glaubt der Abwehrhüne, habe die Weiterbeschäftigung im Uefa-Cup schlussendlich die Meisterschaft gekostet. Ergo folgert Mertesacker: „Der dritte Gruppenplatz darf nicht unser Ziel sein.“

Das Nahziel heißt ohnehin morgen Sheraton-Hotel in Essen, wo Werder Bremen immer residiert, wenn Gastspiele im Westen anstehen. Werder tritt am Samstag zum Verfolgerduell in der Bundesliga in Gelsenkirchen an, und auf Schalke gab es seit sechs Jahren keinen Sieg. Ob Werder da nun besser aussehen wird? Vermutlich war es ein Fehler, auch diese Frage an Torsten Frings zu richten. „Bin ich Hellseher?“, murrte der langhaarige Mittelfeldmotor, „kann auch sein, dass wir ein grottenschlechtes Spiel abliefern und dort untergehen.“ Kurze Pause. „Aber das glaube ich nicht.“

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