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Marcu Russ und Raphael Schäfer gerieten während des Spiels ein paar Mal aneinander.

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Update

Erkrankung überschattet Relegation: Marco Russ: Das Drama im Drama

Marco Russ’ Tumorkrankheit überschattet Frankfurts 1:1 in der Relegation gegen Nürnberg. Club-Trainer Weiler und Torhüter Schäfer entschuldigten sich für ihr vorschnelles Urteilen.

Marco Russ war der Mann des Abends und er sagte... nichts.

Kein Wort zu seinem Eigentor beim 1:1 im Relegationshinspiel von Eintracht Frankfurt gegen den 1. FC Nürnberg, kein Wort zu seiner zehnten Gelben Karte nach einem Foul am Nürnberger Behrens, wegen der er im Rückspiel am Montagabend fehlt und schon gar kein Wort über seine Tumorerkrankung und all die Turbulenzen um die schockierende Benachrichtigung durch die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada). Die hatte bei vier Dopingkontrollen des Frankfurter Innenverteidigers extrem erhöhte Werte des Wachstumshormons Choriongonadotropin (HCG) festgestellt. Die Nada hatte die Eintracht daraufhin in einem am Mittwoch angekommenen Schreiben um „direkte klinische Untersuchungen zur Abklärung“ gebeten.

Darin steckte bereits die Vermutung, dass es sich im Fall Russ nicht um ein schweres Dopingvergehen, sondern um eine schwere Krankheit handeln könne. Der 30 Jahre alte Russ, dem der Internist Herwig Gabriel noch am Mittwoch ein Tumorleiden attestiert hatte, wollte nach seinem vorläufig letzten Fußballspiel nur noch bei sich und im Kreis seiner Familie und Freunde bleiben. Auf der Tribüne litt seine Frau mit ihrem Mann, der sich trotz der schockierenden Diagnose bereit erklärt hatte, im ersten Akt des Relegationsdramas zwischen dem Drittletzten der Bundesliga und dem Dritten der Zweiten Bundesliga vorweg zu gehen. Später verließ er den Platz mit seinen Kindern an der Hand.

Schäfer und Weiler revidierten ihr Vorurteil

Nicht alle, die am Donnerstag in der Causa Russ gefragt waren, kamen mit der für sie neuen, erschreckenden Situation zurecht. Voran die Nürnberger, die anfangs, weil schlecht informiert, Äußerungen von sich gaben, die ihnen wenig später leid taten. So verstieg sich der Kapitän Raphael Schäfer zu dem Satz: „Ich glaube, wer wirklich schwer krank ist, kann nicht Fußball spielen.“ Eine Aussage, die er noch auf der Busrückfahrt zurücknahm: „Meine Worte waren dumm, dafür möchte ich mich aufrichtig entschuldigen.“ Auch der Nürnberger Trainer René Weiler, der kurz nach dem glücklichen Remis von einer „Inszenierung“ gesprochen hatte, revidierte sein Vorurteil, nachdem ihn sein Kollege Niko Kovac über die wahren Hintergründe aufgeklärt hatte.

„Es ist pietätlos, dass ein Klub und ein erkrankter Spieler fast dazu genötigt werden, die intimsten Dinge preisgeben zu müssen, um nicht als Dopingsünder im Verdacht zu stehen.“, sagte Weiler. Inzwischen wusste auch er, dass die Eintracht öffentlich auf die Intervention der Frankfurter Staatsanwaltschaft reagieren musste, weil sonst der ohnehin leidgeprüfte Spieler auch noch unter Dopingverdacht gestanden hätte. Wer immer die ganze Angelegenheit den Medien zugespielt hatte, brachte eine Lawine ins Rollen, die Eintracht Frankfurt und deren Anwalt Christoph Schickhardt nach Kräften zu stoppen versuchten.

Beim Verein waren das Unverständnis und der Missmut groß, dass die von der Nada zeitgleich informierte Staatsanwaltschaft am Tag vor dem Relegationshinspiel massiv tätig wurde – mit Recherchen im Hotelzimmer, in der Wohnung und im Spind des Spielers. Das noch ziemlich junge Anti-Doping-Gesetz zwingt aber die Staatsanwälte bei einem dokumentierten Dopingverdacht zum Eingreifen. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft berief sich darauf, bei ihren Untersuchungen noch keine Kenntnis von Russ’ Krankheit gehabt zu haben. Diese Aussage bewertete Heribert Bruchhagen, der Vorstandsvorsitzende der Eintracht, am Donnerstag als „schlichtweg falsch“ und berief sich auf gesicherte eigene Erkenntnisse des Klubs. Auch der Frankfurter Trainer Niko Kovac sprach von einer „Lüge“ der Ermittler.

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