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Zwei Spieltage vor Saisonende droht Union die Relegation. Selbst der direkte Abstieg ist in der aktuellen Form nicht gänzlich ausgeschlossen. 

© IMAGO/Beautiful Sports

„Das war eine glatte Sechs“: 1. FC Union verpasst beim 3:4 gegen Bochum die große Aufholjagd

Ein verunsicherter 1. FC Union Berlin liegt nach 36 Minuten mit 0:3 zurück. Anschließend senden die Köpenicker ein Lebenszeichen, doch die Situation im Abstiegskampf spitzt sich zu.

Bis zum Anpfiff war es noch mehr als eine Stunde, doch vor dem Stadion An der Alten Försterei brannten die Fans des 1. FC Union Berlin bereits das erste kleine Feuerwerk an. Mit Pyro, Fahnen und Gesängen empfingen sie den Mannschaftsbus wie vor einem Finale. Ein Endspiel war das Duell mit dem VfL Bochum zwar nicht, die herausragende Bedeutung im Abstiegskampf war jedoch zu sehen, zu hören und zu fühlen. Der prall gefüllte Gästeblock sang unablässig, der Köpenicker Anhang verwandelte das Stadion mit einer beeindruckenden Choreo in eine Festung – die Stimmung war erstklassig.

Das ließ sich von Unions Leistung in der ersten Hälfte beim besten Willen nicht sagen. Die Mannschaft von Trainer Nenad Bjelica spielte wie ein Absteiger. Durch einen Doppelpack von Maximilian Wittek und einen Treffer von Keven Schlotterbeck stand es schon nach 36 Minuten 0:3.

„Die erste Halbzeit war eine glatte Sechs“, sagte Rani Khedira, fand kurz nach dem Spiel aber auch keine Erklärung für den fußballerischen Offenbarungseid. Die Fans riefen mehrfach „aufwachen, aufwachen!“ – und nach der Pause sendete ihre bis dahin völlig verunsicherte Mannschaft tatsächlich ein Lebenszeichen.

Die Joker Yorbe Vertessen und Chris Bedia verkürzten durch einen Doppelschlag nach einer Stunde und Union ließ sich auch vom vierten Bochumer Treffer durch Philipp Hofmann nicht schocken. Benedict Hollerbach erzielte eine Viertelstunde vor Schluss erneut das Anschlusstor. Doch dabei blieb es. „Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen“, sagte Bjelica. „Sie haben eine mentale Blockade gehabt, dann aber Moral gezeigt.“

Durch das 3:4 (0:3) vor 22.012 Zuschauenden spitzt sich die Situation der Berliner im Abstiegskampf deutlich zu. Die Relegation droht, der Vorsprung auf Mainz beträgt nur noch einen Punkt, zwei Spieltage vor Saisonende ist selbst der direkte Abstieg in der aktuellen Form nicht ausgeschlossen. Die Bochumer stehen nach dem Sieg hingegen drei Punkte vor Union und sind in Sichtweite zum Klassenerhalt, der Gästeblock sang: „Wir bleiben drin!“

Nach der schlechtesten 45 Minuten seiner Amtszeit versuchte es Bjelica mit dem Mut der Verzweiflung

Im Vergleich zum 0:0 bei Borussia Mönchengladbach vor einer Woche nahm Trainer Nenad Bjelica zwei Wechsel vor. Für Brenden Aaronson und Yorbe Vertessen rückten Andras Schäfer und Benedict Hollerbach in die Startformation. Der Einsatz war den Berlinern in der Anfangsphase nicht abzusprechen, es war ein typisches Kellerduell mit viel Kampf. Mehrfach flogen die Spieler mit Anlauf in die Zweikämpfe, beide Mannschaften schenkten sich nichts.

Wie fragil der 1. FC Union im Frühjahr 2024 jedoch ist, zeigte die 16. Minute. Kevin Stöger, der im Falle des Klassenerhalts angeblich nach Berlin wechseln will, leitete einen hohen Ball direkt weiter, Moritz Broschinski hatte auf der rechten Seite viel Platz und fand mit einer flachen Hereingabe Wittek. Die Bochumer Führung warf Union völlig aus der Bahn.

Nach einer halben Stunde rollte die Berliner Hintermannschaft den Gästen erneut den Roten Teppich aus. Robin Gosens verlor im Mittefeld den Zweikampf, der Ball kam zu Wittek und der sah im Strafraum plötzlich aus wie Lionel Messi. Danilho Doekhi rutsche ins Leere, Bochums Angreifer schlug noch einen Haken und schoss dann mit links flach ins kurze Eck.

Bei den ersten Berlinern hingen nun bereits die Köpfe, sie waren völlig hilflos und kassierten kurz darauf das 3:0 durch Schlotterbeck. Der frühere Union-Profi hob die Hände und schien sich für sein Tor fast entschuldigen zu wollen.

Joker Yorbe Vertessen leitete die Berliner Aufholjagd ein.

© dpa/Andreas Gora

Nach der schlechtesten 45 Minuten seiner Amtszeit versuchte es Bjelica mit dem Mut der Verzweiflung. „Er hat uns an der Ehre gepackt“, sagte Khedira. Union stellte um auf Viererkette, für Kevin Vogt, Lucas Tousart und Kevin Volland kamen Brenden Aaronson, Chris Bedia und Yorbe Vertessen – eine äußerst wirkungsvolle Maßnahme.

Der belgische Winterzugang erzielte in der 59. Minute durch einen Schuss aus 25 Metern das 1:3, Bedia legte nach Pass von Schäfer drei Minuten später nach. Plötzlich war nicht nur das Stadion wieder voll da, sondern auch der Glaube der Berliner Mannschaft. Daran änderte auch das vierte 2:4 durch Hofmann nichts, Hollerbach konterte direkt. In der Schlussphase warf Union alles nach vorne, doch der Ausgleich fiel nicht mehr. „Das war ein richtig krankes Fußballspiel“, sagte Bochums Trainer Heiko Butscher.

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