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Nicht zu stoppen. Der Südafrikaner Oscar Pistorius gewinnt einen seiner Titel bei den Paralympics 2008 in Peking. Bei der Leichtathletik-WM im August in Südkorea darf er nach vielen Bemühungen gegen Nichtbehinderte laufen. Foto: dpa

© AFP

Erster behinderter Athlet bei der WM: Oscar Pistorius: Zwei Prothesen gegen viele Füße

Der Südafrikaner Oscar Pistorius hat etwas geschafft, was vor ihm noch keinem behinderten Athleten gelungen ist: Er startet bei der WM der Nichtbehinderten.

Berlin – Der Mann liefert sich schon sein ganzes Leben lang Rennen mit sich selbst. Den Kampf gegen Widrigkeiten ist er von Geburt an gewöhnt. Oscar Pistorius kam durch einen Gendefekt ohne Wadenbeine zur Welt. Um ihren Sohn vor traumatischen Erlebnissen zu schützen, trafen seine Eltern in Pretoria/Südafrika jene Entscheidung, zu der ihnen der Arzt geraten hatte: Sie ließen dem kleinen Oscar mit elf Monaten, noch bevor er laufen lernte, die Beine unterhalb der Knie amputieren. Als Kind hat er auf Prothesen Tennis gespielt, geboxt und Jungs niedergerungen. 2003 jedoch wurde beim Rugby sein Knie zerschmettert, und es sah aus, als müsste er als 16-Jähriger seine Sportlerkarriere beenden. Und vor zwei Jahren erlitt er bei einem Bootsunfall schwere Kopf- und Gesichtsverletzungen.

Doch Pistorius ließ sich von nichts aufhalten. Und nun wird der 24-Jährige bei der Leichtathletik-WM in Südkorea seinen größten Triumph feiern. Der mehrfache Paralympics-Weltrekordler, geht gegen Nichtbehinderte über 400 Meter an den Start, ein Mann auf Prothesen neben lauter Nichtbehinderten. Der südafrikanische Verband hat ihn jetzt offiziell nominiert. „Ich freue mich wahnsinnig, dass ich bei der WM Südafrika vertreten darf“, sagte Pistorius.

Mit den individuell anzupassenden Prothesen klarzukommen, war für ihn aber im Vergleich zu den Herausforderungen, die er in den vergangenen Jahren zu bewältigen hatte, ein Kinderspiel.Denn der Südafrikaner musste erst einmal das Recht erstreiten, überhaupt gegen Nichtbehinderte starten zu dürfen. Dafür kämpfte er vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas. 2007 hatte sich der ehrgeizige Leichtathlet aufwendigen Tests an der Sporthochschule Köln unterzogen. Dort wurde untersucht, ob sich Pistorius durch seine Prothesen einen Vorteil gegenüber Nichtbehinderten verschaffen kann. Bei denen übersäuern die Muskeln, wenn die Athleten auf den letzten Metern sind. Pistorius kennt solche Probleme jedenfalls in den Unterschenkeln nicht.

In Köln kam man zum Ergebnis, dass Pistorius einen Vorteil besitzt. Doch der Südafrikaner wehrte sich. „Es wurden nur Tests auf gerader Strecke gemacht, aber Daten für die Kurve gab es nicht“, sagte Pistorius. Für das Cas-Verfahren flog er zu erweiterten Tests nach Houston. Das Ergebnis: kein „Techno-Doping“: Er hat kein Fußgelenk, das er in den Kurven abknicken kann, und beim Abfedern am Start und beim Beschleunigen sind seine Karbonprothesen langsamer. Ebenso könne er weniger Kraft auf den Boden übertragen, biologische Sehnen schnellen dynamischer zurück.

Wegen der Tests litt die Form, er verpasste Olympia 2008. Dafür lief Pistorius bei den Paralympics Weltrekorde: 100, 200 und 400 Meter. Und am 19. Juli 2011 rannte er die 400 Meter in 45,07 Sekunden. Konkurrierende Nichtbehinderte sind eine halbe Sekunde schneller.

Gegen Nichtbehinderte zu laufen, kennt Pistorius unter anderem von der Südafrika-Meisterschaft 2005 und von einem Rennen in Rom 2007; da wurde er Zweiter. Wenn Pistorius bei der WM persönliche Bestzeit erreicht, könnte es zu einem Platz im Finale reichen. Aber bei seinen Zielen bleibt er ohnehin bescheiden. „Wenn ich die Vorläufe erfolgreich überstehe, wäre ich begeistert.“

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