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Sport: Es fährt ein Star nach nirgendwo

Die Sperre des Radteams Coast wegen Zahlungsproblemen bleibt vorerst bestehen und gefährdet das Comeback von Ullrich

Von Robert Ide

und Hartmut Scherzer

Berlin/Frankfurt (Main). Auf seiner täglichen Trainingstour durch die Toskana könnte Jan Ullrich ohne großen Umweg bei seinem alten Freund Bjarne Riis vorbeifahren, kurz anhalten und nachfragen: Bjarne, kann ich noch zu dir kommen?

Der Däne, Chef der Radteams CSC Tiscali, wohnt in Lucca, nur 30 Kilometer von dem Weingut entfernt, in dem der deutsche Radstar derzeit während seines privaten Trainingslagers logiert. Ullrich hat sein Comeback nach seiner Dopingsperre und zwei Knieoperationen nicht bei Riis, sondern beim Team Coast versucht. Doch das Team wurde vom internationalen Radsportverband UCI bis auf Weiteres gesperrt – wegen unregelmäßiger Gehaltszahlungen.

Schon beim Klassiker Paris – Nizza, der am Sonntag startet, darf das Coast-Team nicht mitradeln. Bitter für Alex Zülle; der Schweizer in Diensten von Coast war einer der Favoriten. Ullrichs erstes Rennen nach anderthalbjähriger Pause ist erst für Anfang April geplant. Sein persönlicher Sportlicher Leiter Rudy Pevenage hatte in der ersten Enttäuschung über die Sperre spontan mit Gedanken an einen abermaligen Teamwechsel reagiert. „Ich sehe keine andere Lösung, als eine neue Mannschaft zu suchen.“ Pevenage hat Zweifel, ob der Essener Textil-Unternehmer Günther Dahms zur Finanzierung des Coast- Teams den erforderlichen zweiten Sponsor finden wird. „Wie soll das funktionieren bei einer gesperrten Mannschaft?“

Am Freitag bemühte sich Coast-Chef Günther Dahms darum, die Versäumnisse bei den Überweisungen an sein Radpersonal aufzuholen. „Wegen des Karnevals haben sich die Auszahlungen verzögert“, sagte er entschuldigend. „Wir haben aber alle Unterlagen nachgereicht.“ Der Radsportverband UCI bestätigte den Eingang der Papiere. Allerdings hatten die Banken am Freitag noch nicht alle Gelder abgebucht, weshalb die UCI die aktuelle Sperre verlängerte. „Zwölf der insgesamt fast 50 Aufträge waren noch nicht vom Konto abgebucht, obwohl es gedeckt war“, sagte Teamsprecher Marcel Wüst, „unsere Kopien der Überweisungen reichten der UCI nicht als Nachweis aus.“ Coast hatte am 10. Januar im zweiten Anlauf die Lizenz erhalten. Dabei wurde dem Team auferlegt, die Zahlung der Gehälter jeweils bis zum 5. eines Monats der UCI zu belegen. Das konnte nun nicht geschehen, da – so begründet es Coast – am Rosenmontag die Banken in Essen geschlossen waren.

Riis würde Ullrich helfen, obwohl ihm sein einstiger Tour-Kamerad bei Telekom eine Absage erteilt und sich für Coast entschieden hatte. „Meine Tür ist für Jan im Prinzip immer offen“, teilte Riis der dänischen Zeitung „BT“ mit. „Doch er muss zu mir kommen. Außerdem müsste ich das notwendige Geld für ihn auftreiben.“ Riis betonte, dass das Scheitern ihrer Verhandlungen nicht den Bruch ihrer Freundschaft bedeutet habe.

Auch Ullrichs Manager Wolfgang Strohband macht sich Sorgen um den Star und den Rennstall. Die Zahlungen an Ullrich seien bisher nicht so erfolgt, „wie es sein sollte“, beklagt Strohband. Aber der Vertrag mit Coast liegt wegen eines fehlenden Versicherungsabschlusses der UCI noch nicht vor. Ullrich hat deswegen auch noch keine Lizenz. Strohband warnt allerdings vor Panik: „Ganz so weit, dass wir uns nach einer neuen Mannschaft umsehen, sind wir noch nicht.“ Dahms habe ihm versichert, dass er das Team auch ohne einen zweiten Sponsor ein Jahr lang allein finanzieren könne. Doch die Skepsis, ob Dahms nicht irgendwann das Geld ausgeht, hat auch Strohband erfasst. „Wir werden ein ernstes und klärendes Gespräch mit Herrn Dahms führen. So kann es nicht weitergehen."

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