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Sport: Es wird ernst in Paris: "Die Stimmung wird wie bei einem Fußballmatch sein"

Martina Hingis weiß schon, was ihr heute Nachmittag auf dem roten Tennis-Feld von Paris bevorsteht: "Die Stimmung wird wie bei einem Fußballmatch sein", sagt die Weltranglistenerste, "und ich bin die Auswärtsmannschaft." Im French-Open-Halbfinale zwischen der eitlen Schweizerin und der exzentrischen Lokalmatadorin Mary Pierce steht die Sympathie-Hoheit für die halbe Französin, die besser Englisch als Französisch spricht, eisern fest: "Es könnte sein, dass Martina wieder durch ein Fegefeuer muss", befürchtet Mutter und Trainerin Melanie Molitor.

Martina Hingis weiß schon, was ihr heute Nachmittag auf dem roten Tennis-Feld von Paris bevorsteht: "Die Stimmung wird wie bei einem Fußballmatch sein", sagt die Weltranglistenerste, "und ich bin die Auswärtsmannschaft." Im French-Open-Halbfinale zwischen der eitlen Schweizerin und der exzentrischen Lokalmatadorin Mary Pierce steht die Sympathie-Hoheit für die halbe Französin, die besser Englisch als Französisch spricht, eisern fest: "Es könnte sein, dass Martina wieder durch ein Fegefeuer muss", befürchtet Mutter und Trainerin Melanie Molitor.

Vor knapp zwölf Monaten hatte Hingis ihre "schwärzeste Stunde" gegen die von den Franzosen geliebte Steffi Graf erlebt: Mit Mätzchen und Marotten, mit überlangen Toilettenpausen, angezweifelten Schiedsrichterentscheidungen und sogenannten Hausfrauenaufschlägen bei Graf-Matchbällen verscherzte sie sich damals allen Respekt des Publikums. Nach der dramatischen Drei-Satz-Niederlage wollte die gnadenlos ausgepfiffene Verliererin zunächst gar nicht zur Siegerehrung erscheinen und musste erst von ihrer Mutter zur Rückkehr auf den Court Central gedrängt werden. Bis heute, sagt Hingis, "spüre ich eine gewisse Distanz der Leute".

Das gilt gewöhnlich auch für Mary Pierce, die theatralischste aller Tennisspielerinnen in der Weltspitze. Die bekennende Diva durfte sich bei ihren French-Open-Starts nie sicher sein, von den französischen Zuschauern auch rückhaltlos angefeuert zu werden. Die besonders auf Etikette und sportliche Geradlinigkeit achtenden Franzosen straften Pierce für ihr spitzes Getue und Gehabe und ihre notorische Zeitschinderei mit kühler Distanz. Meist adoptierten die heimischen Fans die in Amerika lebende Pierce erst dann, wenn alle anderen französischen Spielerinnen ausgeschieden waren.

Gegen Monica Seles peitschten 10 000 Zuschauer auf dem Court Suzanne Lenglen die französische Fed-Cup-Spielerin aber zu einem nicht mehr erwarteten Viertelfinal-Triumph. "In jedem anderen Land der Welt hätte ich gewonnen", meinte Seles später. "Martina kann sich auf einiges gefasst machen." Sie spüre, sagt Pierce nun, "dass ich mir mit der Unterstützung der Leute endlich meinen größten Traum erfüllen kann". Den Traum vom French-Open-Sieg.

Ähnlich wie Martina Hingis polarisiert auch Mary Pierce die Tennisgemeinde. Zwischen glühender Bewunderung und bitterer Verachtung liegt Niemandsland bei den Primadonnen. In Paris hat sich besonders Martina Hingis in den letzten Tagen zurückgehalten. Bis zu ihrem ungefährdeten 6:1, 6:3-Sieg über die Amerikanerin Chanda Rubin hatte die Schweizerin auch genug mit ihrem fehlerhaften Spiel und offensichtlichen Konditionsschwächen zu tun. Die ins Tourgeschäft zurückgekehrte Martina Navratilova wollte sogar erkannt haben, dass die von der Kulisse eher gleichgültig behandelte Hingis im Bemühen verkrampfe, "hier stets das Richtige und Korrekte zu tun".

Allerdings verkündete die Nummer eins vor dem Showdown mit Mary Pierce bereits wieder mit alter Ungerührtheit, es sei ihr egal, "ob die Zuschauer nun für oder gegen mich sind. Ich spiele mein Spiel knallhart durch". Solche scheinbar forschen Töne hört Rivalin Mary Pierce gerne: "Ich glaube, Martina hat in Wahrheit etwas Angst vor diesem Spiel", sagt die Französin, "sonst hätte sie besser geschwiegen."

Jörg Allmeroth

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