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Sport: Europa macht den Champion

Detroits Eishockeyteam gewinnt den Stanley-Cup

Darryl Sydor war leichenblass, seine Augen rot unterlaufen. „Wir können uns nur damit trösten, dass viele von uns in den vergangenen Tagen zu Männern gereift sind“, sagte der Verteidiger der Pittsburgh Penguins. Soeben hatte sein Team die Meisterschafts-Finalserie in der nordamerikanischen Eishockeyliga NHL mit einem 2:3 im sechsten Spiel gegen die Detroit Red Wings verloren. „Wir waren dicht dran, darum bin ich enttäuscht, dass wir den Cup nicht geholt haben“, sagte Mario Lemieux. Die Penguins-Legende hatte 1992 den letzten NHL-Titel für Pittsburgh gewonnen.

Vor ein paar Wochen hätten sich die jungen 2008er Penguins um den aufstrebenden Sidney Crosby noch darüber gefreut, die dominante Mannschaft der vergangenen Dekade zu einem sechsten Spiel in der Best-of-seven-Serie gezwungen zu haben. Aber nach dem fünften Spiel am Montagabend in Detroit schien mehr möglich. Da war nämlich schon der Stanley-Cup für Detroit hergerichtet worden, als Max Talbot 34 Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit den 3:3-Ausgleich für Pittsburgh erzielte. Drei Verlängerungen lang widerstanden die Penguins dem Ansturm der Red Wings – Torhüter Marc-Andre Fleury hielt insgesamt 58 Detroiter Schüsse. Doch dann erzielte Petr Sykora um kurz vor ein Uhr früh den Siegtreffer für Pittsburgh. Das gab den Penguins das Gefühl, den Panzer der überragenden Red Wings geknackt zu haben. „Wir sind körperlich am Ende“, sagte Talbot. „Aber mental fühlen wir uns unbezwingbar.“

Am Mittwoch, vor heimischem Publikum, war der Zauber jedoch verflogen. Die Penguins fanden kein Mittel gegen die eisernen Red Wings. Besonders tragisch war, dass ausgerechnet Fleury der entscheidende Fehler unterlief. Nachdem er einen Schuss des Finnen Filippula acht Minuten vor Schluss bereits gehalten hatte, schlüpfte dem Helden des Vortags der Nachsetzer von Mikael Samuelsson doch noch zwischen den Beinen durch. So kam Detroit zum elften Titel und zum ersten seit sechs Jahren. Es war einSieg der Erfahrung gegen die Jugend: Mit Chris Chelios hat Detroit einen Spieler, der den Kontrast an Erfahrung zwischen den Finalisten aufzeigt. Als der 46-Jährige am 8. März 1984 sein NHL-Debüt gab, waren sechs Pinguine – Crosby inklusive – noch nicht geboren.

Detroits schwedischer Linksaußen Henrik Zetterberg freute sich derweil, „dass wir das Vorurteil ausräumen konnten, dass europäische Spieler nicht hart genug für die NHL sind“. Den Kern der Red Wings bilden nämlich Europäer, allen voran das halbe Dutzend Schweden. Nicklas Lidström war der erste europäische Mannschaftskapitän, der den Stanley-Cup entgegen nahm. Im Widerspruch zu ihrem Namen ist die National Hockey League längst zu einem globalen Unternehmen geworden. Allein Crosby gibt Protektionisten noch Hoffnung – der junge Superstar der Liga stammt immerhin aus Kanada.

Sebastian Moll[New York]

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