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Sport: Europa verschießt

Die Boca Juniors schlagen den AC Mailand im Elfmeterschießen und gewinnen den Weltpokal

Uli Hoeneß hätte seine hellste Freude an der Inszenierung des Weltpokalendspiels gehabt. Der Mann liebt das große Kino. Dass die Blitze und Sterne schon gen Himmel fliegen, bevor überhaupt der Ball rollt, war die jüngste Idee der japanischen Veranstalter. Es war keine schlechte, um die Atmosphäre bei diesem offiziell Toyota-Cup genannten Vergleich zwischen den beiden führenden Fußballkontinenten zu Beginn ordentlich aufzupeppen. Vor allem die europäischen Vertreter vom AC Mailand wirkten lange nicht so motiviert wie in den Interviews vor der Partie, als sie den Gewinn der riesigen Statue gewissermaßen zum Staatsauftrag erkoren hatten. Der Weltpokal, der in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, sollte im Trophäen-Kabinett ihres Klubchefs Berlusconi landen, der Padre des AC Milan lässt sich doch so gerne zusammen mit seinen Stars feiern. Es kam anders. Die Boca Juniors Buenos Aires gewannen mit 3:1 (1:1, 1:1) im Elfmeterschießen.

Die geplanten Empfänge in Rom und der lombardischen Metropole fallen zu Recht aus; Pirlo, Seedorf und Costacurta scheiterten vom Elfmeterpunkt. Vom Sieger der Champions League hatte man weit mehr Spielkultur und Einfallsreichtum erwartet, als Maldini und Kollegen zu bieten hatten. Im Vergleich zum Vorjahr, als die Stars von Madrid eine Show im Stil der Haarlem Globetrotters abzogen, war dies mehr als nur ein Klassenunterschied.

Die Profis aus Argentinien wussten jedenfalls bald Bescheid, wie sie sich gegen die Taktik der Serie-A-Stars zur Wehr setzen sollten; die bestand allein aus Kontern, hoch und weit aus der Abwehr heraus geschlagenen Bällen auf die schnellen Spitzen Tomasson und Schewtschenko. Den ersten dieser Überfälle schloss Tomasson in der 24. Minute erfolgreich ab. Nur vier Minuten brauchte die beste Mannschaft Südamerikas, um auszugleichen.

Uli Hoeneß, Deutschlands Mann für große Inszenierungen, musste vorm Fernseher lange darauf warten, bis das Spiel zumindest für ihn wieder interessant wurde. Bis kurz vor eins mitteleuropäischer Zeit, alsein kleiner, rundlich wirkender Jüngling eingewechselt wurde. In den Medien seiner Heimat wird Carlos Alberto Tevez mit dem vielleicht größten Spieler aller Zeiten verglichen, der in Argentinien und in einem Boca-Trikot auf die Fußballwelt gekommen ist: Diego Maradona. Auch die Diva selbst hat Tevez zu seinem Nachfolger bestimmt und als „gegenwärtig besten Spieler Argentiniens“ geadelt. Der 19-Jährige erklärte bei seinem ersten Einsatz nach 60 Tagen Verletzungspause ganz persönlich, warum der Manager der Bayern ihn möglichst schnell verpflichten möchte.

Der Stürmer steht nicht nur für Attraktivität, die dem Münchner Spiel besonders gut tun würde; der kleine Carlos geht vor allem da hin, wo geschossen und die Spiele entschieden werden. Er war praktisch an jedem Angriff beteiligt, und die Tatsache, dass er während seines 50-minütigen Einsatzes die gesammelte Stürmerprominenz des AC Mailand komplett ausgestochen hat, kann den Bayern-Verantwortlichen nur noch weitere Hoffnung machen, was vom Lieblingsspieler des Managements zu erwarten sein könnte. Ein Feuerwerk aus Temperament, Technik und Toren.

Martin Hägele

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