zum Hauptinhalt
Die Europaspiele in Baku sind beendet.

© dpa

Europaspiele in Baku: Viel Pomp, wenig Kritik

Die Europaspiele in Aserbaidschan sind beendet. Nicht alle hatten Freude an den Wettkämpfen.

Die Flamme ist erloschen in Aserbaidschan, dem Land des Feuers, die Luft in Baku wird sich nun verändern. Die Ölraffinerien und Baustellen der aserbaidschanischen Hauptstadt hatten die Arbeit ruhen lassen für die Europaspiele, doch die sind nun beendet.

Die Sportstätten kosteten geschätzte sechs bis acht Milliarden Euro

Viel Lob für die Organisatoren haben die Gäste zurückgelassen. Dirk Schimmpelpfennig, beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Vorstand für Leistungssport, hatte den Europaspielen eine Nähe zu den Olympischen attestiert, die kein anderes Event aufweise. Das war auch ein Resultat des immensen Aufwands, den Staatschef Ilham Aliyev betrieb, um das Prunkstück seines Landes in den schönsten Farben schillern zu lassen: ein Athletendorf mit Urlaubsatmosphäre. 18 Sportstätten, die überwiegend erst in den vergangenen drei Jahren aus dem Boden gestampft wurden, für geschätzte sechs bis acht Milliarden Euro.

Doch große Teile der heimischen Bevölkerung ließen die Spiele kalt, ungeachtet der moderaten Eintrittspreise. Trotz des zur Schau gestellten Reichtums liegt der Durchschnittsverdienst in dem Ölstaat nur bei 400 Euro im Monat. Das führt zu anderen Interessen als denen, wer bei welchem Wettkampf den Sieg davonträgt.

Armenier wurden ausgepfiffen. Olympische Werte? Fehlanzeige

Volle Hallen gab es trotzdem – dort, wo Aserbaidschaner Chancen auf Medaillen hatten, überwiegend im Kampfsport. Den Gegnern verweigerten die Gastgeber allerdings oft den Respekt. Von der Freundlichkeit und Höflichkeit, mit der die Bürger von Baku den Fremden auf der Straße begegneten, fehlte jede Spur, sobald ein Armenier die Arena betrat. Mit dem ungeliebten Nachbarland befindet sich Aserbaidschan wegen der Region Bergkarabach weiterhin im Kriegszustand. Dementsprechend wurden armenische Athleten ausgebuht und ausgepfiffen. Olympische Werte? Fehlanzeige.

Offiziell gibt es keine politischen Gefangenen und keine Menschenrechtsverletzungen

Ähnlichen Stimmungswandel gab es bei den offiziellen Terminen mit Repräsentanten aus der Politik, sobald Journalisten unbequeme Fragen stellten. Es gebe keine politischen Gefangenen, keine Menschenrechtsverletzungen, keine Beschränkungen der Pressefreiheit. Vonseiten des Europäischen Olympischen Komitees und seines Präsidenten Patrick Hickey waren zu derartigen Themen ebenfalls nur ausweichende Antworten zu hören. Man habe Gespräche geführt, aber man könne einem souveränen Staat nicht vorschreiben, wie er zu handeln habe, sagte der Ire auf der finalen Pressekonferenz.

Das Athleten- und das Mediendorf werden zu Appartementhäusern umgebaut

Die Chance im gerne zitierten Fokus der Öffentlichkeit Positives anzustoßen, wurde somit nicht genutzt. Doch sie wird nicht die einzige Chance bleiben: Baku hat sich für die nächsten Jahre schon zahlreiche andere große Sportevents gesichert: etwa ein Formel-1-Rennen 2016 oder die Islamischen Solidarischen Spiele 2017. Für Letztere könnte Baku wieder einige der Sportstätten benötigen, ansonsten sollen sie den Bürgern des Landes zugänglich gemacht werden. Das Athleten- und das Mediendorf werden zu Appartementhäusern umgebaut. Schließlich könnte man sie mit den offenbar vorhandenen finanziellen Mitteln schnell wieder neu bauen, sollte in Baku allen Erwartungen zum Trotz doch mal die olympische Fackel leuchten.

Höhenrausch. Spektakuläre Aktionen wie hier beim BMX-Rennen waren bei den Europaspielen von Aserbaidschan eher die Ausnahme. Foto: dpa/Ghement

© dpa

Die Zukunft der Spiele dagegen scheint gesichert. Am Ende der Tage von Baku ging es nur noch darum, wer diese in vier Jahren ausrichten wird. Bewerber gibt es laut Hickey auch nach dem kurzfristigen Rückzug der Niederlande genügend. Diese könnten, bei erfolgreicher Wahl, Einfluss aufs Programm nehmen. Klar ist jedoch, dass es homogener und in der Gesamtheit höherwertiger werden muss. Europameisterschaften oder Olympiaqualifikationen sollten über alle Disziplinen hinweg eingegliedert werden. Leichtathleten und Schwimmer haben ihre Bereitschaft bereits signalisiert. Ob dieses zusätzliche Event, das viele Wettkampfkalender und Planungen kräftig durcheinanderwirbelt, wirklich jemand braucht, das hat sich am Ende selbst beim DOSB niemand mehr gefragt. Aliyevs ziemlich gut inszenierte Flamme hat offenbar doch alle geblendet.

Katja Sturm

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false