zum Hauptinhalt
Trauriger Abschluss. Evi Sachenbacher-Stehle beendet nach ihrem positiven Dopingfall ihre Biathlonlaufbahn.

© dpa

Evi Sachenbacher-Stehle hört auf: Tee mit Nachgeschmack

Evi Sachenbacher-Stehle blickt auf eine außergewöhnliche Karriere zurück – die einen großen Makel hat. Das Thema Doping überlagert ihre Erfolge.

Evi Sachenbacher-Stehle muss lachen, doch es ist längst kein fröhliches Lachen mehr, sondern ein bitteres. Was sie denn jetzt studiere, wird sie am Sonntagabend in der Sendung „Blickpunkt Sport“ im Bayerischen Fernsehen nach der Bekanntgabe ihres Rücktritts gefragt. „Ähm, Ernährungsberatung“, antwortet die 34-Jährige, lacht kurz und schiebt entschuldigend nach: „Es interessiert mich einfach, ich habe mich schon in den letzten Jahren damit befasst.“ Und in den letzten Monaten ganz besonders intensiv.

Die Einnahme eines Schisandra-Tees, ein in der traditionellen chinesischen Medizin beliebtes Heilmittel, hat nicht nur ihre Sportler-Laufbahn beendet, sondern auch und einen großen Schatten über ihre erfolgreiche Biathlon- und noch erfolgreichere Langlaufkarriere geworfen. Denn der Tee war mit der im Wettkampf verbotenen Stimulanz Methylhexanamin verunreinigt und hat ihr bei den Olympischen Winterspielen von Sotschi eine positive Dopingprobe beschert. „Die letzten Monate haben mich wahnsinnig viel Kraft gekostet“, erklärt Evi Sachenbacher-Stehle ihren Entschluss, „ich habe jetzt nicht mehr die Kraft und die Motivation zurückzukommen.“

Ihr Anwalt hat offenbar mehr Lust zu kämpfen. Marc Heinkelein prüft laut „dpa“ rechtliche Schritte gegen die Internationale Biathlon-Union, die Evi Sachenbacher-Stehle für zwei Jahre gesperrt hatte. Ein Urteil, das vom Internationalen Sportgerichtshof revidiert und auf eine sechsmonatige Sperre reduziert worden ist. Seine Mandantin sei auf die gleiche Stufe wie ein vorsätzlicher Epo-Doper gestellt worden und habe zu Unrecht drei Monate länger eine Strafe absitzen müssen, argumentiert Marc Heinkelein.

Wolfgang Pichler kann Evi Sachenbacher-Stehle verstehen. „Der Rücktritt ist richtig, sie war ja aus dem Training raus“, sagt ihr ehemaliger Langlauftrainer und aktueller Mentor der schwedischen Biathlon-Nationalmannschaft. Er hätte sie allerdings gerne noch länger in der Biathlon-Loipe gesehen: „Es ist schon schade, sie war eine gute Schützin.“ Wolfgang Pichler konnte auch ihren Wechsel 2011 zum Biathlon verstehen. „Sie hat etwas Neues gebraucht, mit neuer Motivation“, sagt der Biathlontrainer.

Zumal die Athletin aus Reit im Winkl im Langlauf fast alles gewonnen hatte, was man in dieser Sportart gewinnen kann. Höhepunkte bildeten die zwei überraschenden Goldmedaillen (2002 und 2010) und drei Silbermedaillen (2002, 2006, 2010) bei den Olympischen Spielen. „Es war eine außergewöhnliche Langlaufkarriere“, sagt Wolfgang Pichler, „ich glaube nicht, dass es, außer vielleicht Claudia Nystad, eine ähnlich erfolgreiche Karriere gab.“ Die allerdings im Nachhinein an Strahlkraft verloren hat. Wie das Lachen von Evi Sachenbacher-Stehle.

„Es war ein blöder Abschluss“, findet Wolfgang Pichler, „sie trägt daran keine Schuld, sondern der Berater.“ Ihr Mentaltrainer hatte ihr diesen Tee empfohlen. Doch weil sie zudem bei den Winterspielen 2006 wegen eines erhöhten Hämoglobinwertes eine fünftägige Schutzsperre erhalten hat, wird ihre Karriere mit einem großen Doping-Makel behaftet bleiben. Das rührt den Gefühlsmenschen Evi Sachenbacher-Stehle zu Tränen. „Ich bin und war immer total gegen Doping“, sagte sie im Sommer, „es erschüttert mich total, dass ich dazu beigetragen habe, die Menschen zu bestätigen, die meinen, dass der ganze Sport dopingverseucht ist.“

Daran kann sie auch nichts mehr ändern, sie kann nur hoffen, dass der verunreinigte Schisandra-Tee allmählich in Vergessenheit gerät. „Die Zeit heilt alle Wunden“, glaubt Wolfgang Pichler, „es geht weiter.“ Für Evi Sachenbacher-Stehle womöglich als Ernährungsberaterin.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false