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Hertha BSC - VfL Wolfsburg

© dpa

Fabian Lustenberger: Schmal, aber schlau

Fabian Lustenberger galt bei vielen Hertha-Fans schon als untauglich für die Bundesliga. Vor dem heutigen Spiel in Dortmund hat sich der Schweizer zurück in die Mannschaft gekämpft - hier sein Porträt und die voraussichtliche Aufstellung.

Fabian Lustenberger hat ein Problem, das Millionen Frauen gerne hätten. Er nimmt und nimmt nicht zu, egal was er tut. Zumindest nicht in dem Maße, wie er sich das wünscht. Ein paar Kilo mehr hat ihm Pal Dardai, sein Kollege aus dem Mittelfeld von Hertha BSC, gerade erst wieder empfohlen. „Ich bin dran“, sagt der Schweizer, „aber es gibt Schöneres als Krafttraining.“ Immerhin vier Kilogramm hat er zugelegt, seitdem er im Sommer 2007 aus Luzern nach Berlin gewechselt ist, 70 sind es jetzt, verteilt auf etwa 1,80 Meter. Kraftpakete sehen anders aus.

Lustenberger ist immer noch ein schmales Hemd, und vor allem an seiner Statur hat sich bei vielen Fans der Berliner die Skepsis entzündet, ob der Schweizer den physischen Anforderungen des Bundesligafußballs genügen kann. Lustenberger, technisch begabt und taktisch gut geschult, gilt als nur bedingt wetterfester Schöngeist, als einer, der funktioniert, wenn es sowieso läuft, der die urdeutschen Sehnsüchte nach dem Vorangeher in schwerer Zeit allerdings eher nicht erfüllt. Ein echter Schweizer eben.

Fabian Lustenberger, 21 Jahre alt, ist gerade dabei, dem allzu glatten Bild von sich neue Konturen hinzuzufügen. „Bis zur Selbstaufgabe“ hat Herthas Trainer Friedhelm Funkel den Mittelfeldspieler am Sonntag, beim 0:0 gegen den Meister Wolfsburg, erlebt. Für den Schweizer war es das dritte Spiel innerhalb einer Woche, nachdem er zuvor zehn Monate wegen zweier Mittelfußbrüche ausgefallen war. „Er war völlig platt, es ging nicht mehr“, sagte Funkel, der Lustenberger zehn Minuten vor dem Abpfiff vom Feld nahm. Andere Gründe für seine Auswechslung lagen nachweislich nicht vor.

Es ist eine ziemlich krumme Geschichte, die der Fußball sich da gerade für Lustenberger ausgedacht hat: Im Sommer 2007 ist der Schweizer auf besonderen Wunsch seines Landsmanns Lucien Favre nach Berlin gekommen. Lustenberger war einer der ersten Transfers, die Herthas neuer Trainer damals getätigt hat, wobei es sich als hilfreich erwies, dass beide denselben Berater haben. Den Ruf, ein Favre-Spieler zu sein – jung, polyvalent, formbar – ist Lustenberger seitdem nie richtig losgeworden. Jetzt ist Favre weg und sein Musterschüler auf dem besten Wege, sich in Herthas Mannschaft festzuspielen.

In gewisser Weise ist Lustenberger, der auch heute in Dortmund wieder in der Startelf stehen wird, ein Krisengewinnler. „Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort“, sagt er selbst. „Der Trainer hat was ausprobiert, und es ist nicht schlecht gelaufen.“ Gegen Heerenveen und Wolfsburg verantwortete Lustenberger gemeinsam mit dem Routinier Pal Dardai das defensive Mittelfeld. Den Brasilianer Cicero und Gojko Kacar, in der vergangenen, erfolgreichen Saison die Erstbesetzung für dieses Ressort, hat er erfolgreich verdrängt. „Was heißt verdrängt?“, fragt er. „Ich habe Glück, dass es für die Mannschaft nicht so lief.“

Am Wochenende, beim ersten Punktgewinn nach acht Niederlagen, hat Lustenberger seinen Teil dazu beigetragen, dass es für die Berliner zumindest aufhörte, schlecht zu laufen. „Er hat es so gemacht, wie ich mir das vorstelle“, sagte Funkel. Zvjezdan Misimovic, einen der besten Mittelfeldspieler der Liga, habe man auch dank Lustenberger nicht gesehen. Gemeinsam mit dem erfahrenen Ungarn Dardai stopfte er das Loch in der Zentrale. „Einer gibt Druck, einer klaut den Ball“, sagt Dardai über das Zusammenspiel. „Wir hatten sehr viele Balleroberungen.“ Und nach 16 Pflichtspielen blieb Hertha zum ersten Mal wieder ohne Gegentor.

„Diese defensive Stärke kommt über die beiden Sechser“, sagt Funkel. Man muss kein Kraftbolzen sein oder sich grätschend in jeden Zweikampf stürzen, um im Mittelfeld die Hoheit zu haben. Lustenberger kompensiert seine körperlichen Defizite durch andere Qualitäten. „Er spielt sehr schlau“, sagt Herthas Trainer, „antizipiert sehr gut.“ Pal Dardai hält seinen Nebenmann sogar für den intelligentesten Spieler überhaupt, den Hertha derzeit beschäftigt. Wenn alles zum Durchdrehen neigt, kann ein bisschen Besonnenheit nicht verkehrt sein: „Er ist diszipliniert, vernünftig“, sagt Dardai über Fabian Lustenberger. „Das ist das, was uns in dieser Phase weiterbringt.“

Die voraussichtlichen Mannschaftaufstellungen:


Borussia Dortmund:
Weidenfeller - Owomoyela, Subotic, Hummels, Dede - Tinga, Sahin - Blaszczykowski, Zidan, Valdez - Barrios.

Hertha BSC:
Drobny - Stein, Friedrich, von Bergen, Pejcinovic - Ebert, Lustenberger, Dardai, Raffael - Kacar (Piszczek) - Ramos.

Schiedsrichter:
Felix Brych (München).

Anstoß:
20.30 Uhr, live bei Sky und im Bundesliga-Ticker auf www.tagesspiegel.de/sport.

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