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Der Herr und sein Feld. Martin Kind hat Hannover 96 fest im Griff. Zuletzt war er allerdings maßgeblich beteiligt an der schlechten Außendarstellung des Klubs. Foto: Imago

© imago sportfotodienst

Sport: Fahndung mit Hindernissen

Hannovers Präsident Kind hat Probleme, den Nachfolger für Trainer Slomka zu finden – das liegt auch an ihm.

Von Christian Otto

Die Herausforderung, die der Chef vom Ganzen selbst geschaffen hat, hält die Entscheider von Hannover 96 in Atem. „Ich hätte den Mut, mit einem jungen Trainer den Neuanfang zu wagen“, sagt Martin Kind. Der Präsident eines Fußball-Bundesligisten, der nach der Entlassung von Mirko Slomka einen neuen Chefcoach sucht, muss eingestehen, dass so mancher Fortschritt der vergangenen Jahre auch von ihm innerhalb kürzester Zeit zu Grabe getragen worden ist. Dass Hannovers Sportdirektor Dirk Dufner alle Hände voll zu tun hat, bis zum Trainingsstart am 5. Januar einen Nachfolger zu präsentieren, liegt auch an der jüngsten Außendarstellung des Vereins. Kind und Dufner hatten Slomka über die Weihnachtszeit hinweg erst demontiert und dann entlassen. Deshalb steht die Frage im Raum: Wer will jetzt eigentlich noch einen exponierten Job unter der Regie von Kind?

Die Kritik an seinem Handeln, die sich der Vereinsboss bundesweit eingebrockt hat, ist Kind durchaus bewusst. „Wir haben einiges nicht ganz glücklich gemacht. Aber ich kann mit der Kritik leben“, versichert der 69-Jährige, der weiterhin große Pläne mit seinem Klub hat. Slomka war an der Zielvorgabe, mit dem 96-Team dauerhaft auf Höhenflug bis in das internationale Geschäft zu gehen, nach vier mehrheitlich erfolgreichen Jahren gescheitert. Weil nach dem ehrgeizigen Trainer und dessen Assistenten Nestor El Maestro eine komplett neue sportliche Leitung installiert werden soll, stehen komplizierte Gespräche an. Mit dem Erspähen von geeignetem Personal ist zunächst Dufner beschäftigt und damit rund um den Jahreswechsel um jeden freien Arbeitstag gebracht.

Vielleicht liegt es an seinem hohen Arbeitspensum. Vielleicht ist die öffentliche Demontage von Slomka aber auch mit einem Lernprozess verbunden. Sehr fokussiert und äußerst wortkarg macht sich Dufner an seine Arbeit. Der frühere Manager des SC Freiburg, in Hannover Nachfolger des mittlerweile beim 1. FC Köln erfolgreichen Jörg Schmadtke, soll natürlich das Unmögliche möglich machen. Gesucht wird ein junger, unverbrauchter Kandidat mit Perspektive, der möglichst Deutsch spricht, vor den hohen Ansprüchen in Hannover keine Angst hat und am besten sofort sowie ohne Ablöse verfügbar ist. Mit Norbert Düwel, der bis zum Sommer noch Co-Trainer von Slomka war und seit seiner Demission weiterhin in Hannover lebt, steht ein solcher Mann bereit. Ob der 45-Jährige zum Kreis jener Anwärter zählt, denen zugetraut wird, ein niedersächsisches Problemteam in den Griff bekommen, wird sich in Kürze zeigen. Weil die 96-Mannschaft um Kapitän Steven Cherundolo nach Wochen der Erfolglosigkeit schon bis auf den 13. Tabellenplatz abgerutscht ist und zum Start in die Rückrunde schwere Aufgaben warten, besteht akuter Handlungsbedarf. „Wir sind noch nicht auf einem Abstiegsplatz. Aber der Spielplan ist mit Restrisiken verbunden, so dass eine schnelle Lösung wichtig ist“, sagt Präsident Kind.

Der Kreis an möglichen Wunschkandidaten wird von Tag zu Tag größer. Die Zahl der Absagen auch. Nach Thomas Schaaf (erholt sich noch von seiner Zeit bei Werder Bremen) und Ralf Rangnick (delegiert lieber weiter bei RB Salzburg und RB Leipzig) haben auch Trainer mit Entwicklungspotenzial bereits abgesagt. André Breitenreiter (SC Paderborn), ein Kind der Region Hannover und einst für Hannover 96 am Ball, ist ebenso fest in eine Aufgabe eingebunden wie sein Kollege Frank Kramer (Greuther Fürth). Die Fahndung nach einem neuen Slomka erfolgt mittlerweile europaweit und führt unter anderem zu Murat Yakin vom FC Basel. Selbst die Namen von Stefan Effenberg und Lothar Matthäus werden medial gespielt, wobei aber aufgrund vereinsinterner Vorbehalte vor allem Matthäus chancenlos sein dürfte. Mit ihm wären Hannover 96 in erster Linie weitere Schlagzeilen und eine erhöhte Aufmerksamkeit sicher. Was grundsätzlich wünschenswert ist, war für den von Kleinkriegen und Krisen geschüttelten Verein zuletzt nicht gerade von Vorteil.

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