zum Hauptinhalt
325988_0_ca9e547b.jpg

© dpa

Fall Amerell: Die Wahrheit kennt nur Verlierer

DFB-Affäre: Wie Amerells Frau ihren Mann verteidigt. Er soll vier junge Schiedsrichter sexuell bedrängt haben.

Es sitzen nur drei Personen am Tisch, dennoch haben sie Namensschilder aufgestellt. Sicher ist sicher. Rechtsanwalt Lutz Paproth steht auf der einen Seite, Rechtsanwalt Jürgen Langer auf der anderen. In der Mitte, vor der Protagonistin, steht kein Schild. Man brauchte den Platz für all die Mikrofone. Das Schild liegt am Boden. Steht aber aufrecht, gut lesbar: Margit Amerell. Sie ist Geschäftsfrau, führt mit ihrem Gatten ein Hotel in Augsburg. Ihr Mann heißt Manfred. Es gibt Vorwürfe gegen ihn, die keiner Ehefrau gefallen würden. Der frühere Schiedsrichter-Obmann soll vier junge Schiedsrichter bedrängt und sich ihnen sexuell genähert haben. Michael Kempter hatte die Vorwürfe öffentlich gemacht, andere Referees, die anonym bleiben wollen, haben sie laut Deutschem Fußball-Bund (DFB) bestätigt. Manfred Amerell, inzwischen zurückgetreten, bestreitet alles.

Margit Amerell ist blass, blickt leer in die auf sie gerichteten Objektive. Sie sitzt im Königssaal eines Münchner Nobelhotels. Meterhohe Spiegel, Stuckdecke mit Goldrand, mächtige Lüster. Sie muss warten, ihr Anwalt fehlt. Quälende Minuten voll dröhnendem Schweigen. Nur die Kameraobjektive klicken bei jeder ihrer Regungen. Warum tut sich diese Frau das an?

Die Causa Manfred Amerell nimmt immer groteskere Züge an. Eine Schlammschlacht gegenseitiger Vorwürfe mit intimen Details. Margit Amerell sitzt vor der Presse, weil sie von einem nächtlichen Besuch berichten will. Franz-Xaver Wack, ein ehemaliger Schiedsrichter und Freund der Familie, sei in der Nacht zum Samstag in das Hotel der Amerells nach Augsburg gekommen, um ihr die Wahrheit zu offenbaren. So schildert es jedenfalls Margit Amerell. „Ich kenne alle Anschuldigungen von den zehn Männern. Sie haben sich mir alle anvertraut“, soll Wack laut Margit Amerell gesagt haben. Wack habe in dem Gespräch auch behauptet, er habe sämtliche Akten des DFB einsehen können. Wack wird das später dementieren.

Margit Amerell erzählt weiter: Im Rahmen eines Geburtstages eines Schiedsrichterkollegen habe Wack am 23. Dezember 2009 noch gemeint, man könne zwar nicht mehr viel retten, aber doch noch einiges. Doch Manfred Amerell, dem er fünf Jahre zuvor die Freundschaft gekündigt hatte, habe ihn nicht einmal gegrüßt. Nur: Woher wusste Wack zu diesem Zeitpunkt von den Anschuldigungen gegen Amerell?, fragen nun Margit Amerell und Anwalt Jürgen Langer. Für sie ist nun Wack, der danach als Vertrauensperson der anonymen Schiedsrichter auftrat, die zentrale Figur in einer angeblichen Verschwörungskampagne. Anwalt Langer spricht von „skandalösen Umständen beim DFB“ und von „einem System DFB, einem System Theo Zwanziger“. Am Donnerstag kommt es im Landgericht München I zu einer Anhörung. Amerell selbst will kommen, sagt sein Anwalt.

Im Königssaal ist Margit Amerell derweil längst verstummt. Fragen an sie sind nicht erlaubt. Es spricht ihr Anwalt. Es geht um üble Nachrede, Verleumdung, Beleidigung, das Ausspähen von Daten, den Tatbestand der Beihilfe, um die Instrumentalisierung einzelner Personen. Eine unappetitliche Geschichte, „aus der nur Verlierer hervorgehen werden“, sagt Langer. Nach einer Dreiviertelstunde ist es zu Ende. Margit Amerell verlässt das Hotel durch den Seitenausgang.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false