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Sport: Fast schon Meister

Durch ein Tor von Owen Hargreaves in letzter Minute baut Bayern die Tabellenführung aus

Am Ende dieser Saison wird es wahrscheinlich diese 90. Minute in Hannover gewesen sein, die die Frage nach dem Deutschen Fußballmeister 2004/05 beantwortet hat. Als der erst drei Minuten zuvor eingewechselte Owen Hargreaves mit einem 20-Meter-Schuss den 1:0-Siegtreffer erzielte, der Schiedsrichter eine Minute später abpfiff und sich die Nachricht von den Niederlagen der Konkurrenten Schalke und Stuttgart herumsprach, wussten die 49 854 Zuschauer im ausverkauften Stadion: Bayern wird Meister.

Der in letzter Minute zustande gekommene Sieg bescherte den Münchnern sechs Punkte Vorsprung auf Platz zwei. Sichtbar erleichtert umarmten sich nach dem Schlusspfiff Bayerns Manager Uli Hoeneß und Trainer Felix Magath an der Seitenlinie. Hoeneß allerdings wollte von einem glücklichen Sieg und dem Bayern-Dusel nichts wissen. „Glück? Das ist doch kein Glück, wenn man Deutscher Meister wird.“

Realistischer war da schon die Einschätzung von Torwart Oliver Kahn: „Wir können hier auch 0:0 spielen und Schalke schießt in letzter Minute das Siegtor, dann sieht es ganz anders aus.“ Eigentlich war es ein typisches 0:0-Spiel. Beide Mannschaften hatten bis zum Tor nur wenige Chancen gehabt. Die größte für Hannover vergab nach einer halben Stunde Silvio Schröter, als er den Ball frei vor Kahn ans Außennetz bugsierte. Nach der Halbzeit hätte Claudio Pizarro Bayern in Führung schießen können, schoss aber ebenfalls knapp am rechten Pfosten vorbei.

Hannovers Trainer Ewald Lienen hatte seine Mannschaft sehr defensiv ausgerichtet. Vor der Viererabwehrkette bildeten Vinicius, Lala und de Guzman eine zweite Defensivreihe. Bayerns Bastian Schweinsteiger nahm diese Art der doppelten Verteidigung fast beleidigt auf: „Die wollten ja gar nicht gewinnen.“ Bayern dagegen wollte unbedingt siegen, leistete sich aber ungewohnt viele Ballverluste, sodass viele Angriffe schon an der ersten Abwehrmauer hängen blieben. „Es gab einige Situationen, in denen wir nicht auf der Höhe waren“, sagte Magath. Hannover hätte so immer wieder zu Konterchancen kommen können. Doch Hannover ist nicht Chelsea und Silvio Schröter nicht Didier Drogba, weshalb den Bayern eine Strafe für das bisweilen unkonzentrierte Auftreten erspart blieb.

Stattdessen war das Glück, das die Bayern in den Spielen gegen Chelsea so vermisst hatten, zu ihnen zurückgekehrt. Anders als Hoeneß wollte Magath das gar nicht bestreiten. „Das war heute wohl der berühmt-berüchtigte Bayern-Dusel“, gab er zu. Die Meisterschaft wäre sein erster Titel überhaupt, und wenn man Ewald Lienen glauben darf, wird es nicht mehr lange dauern, bis Magath sich der in München üblichen Interpretation von Last-Minute-Siegen anschließen wird. „Felix ist noch nicht so lange Trainer in München“, sagte Lienen. „Er weiß noch, wie man sich fühlt, wenn man unglücklich gegen Bayern verliert.“

Steffen Hudemann[Hannover]

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