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Leichter Gang. Die Tschechin Petra Kvitova präsentiert die Trophäe, die sie sich durch ihren Finalsieg über Maria Scharapowa verdient hat.

© AFP

Favoritin Scharapowa unterliegt: Kvitovas Überraschungssieg in Wimbledon

Zum ersten Mal in ihrer Karriere gewinnt Petra Kvitova ein Grand-Slam-Turnier - und dominiert im Finale die eigentlich favorisierte Russin Maria Scharapowa deutlich.

Das Original der „Venus Rosewater Dish“ hatte Petra Kvitova schon eine halbe Stunde später wieder aus den Händen geben müssen, mitnehmen darf die 21 Jahre alte Tschechin ohnehin nur eine Miniatur-Replik der kostbaren Schale aus Sterling-Silber mit kunstvollen Verzierungen aus der Mythologie. Doch dafür konnte Kvitova etwas in die Arme schließen, das für sie noch viel wertvoller als ihre erste Wimbledon-Trophäe war. Vielmehr jemanden, denn in der Umkleidekabine im All England Club warteten Martina Navratilova und Jana Novotna, um ihr zu gratulieren. Die Tränen liefen Kvitova über die Wangen, schon bei der Siegerehrung auf dem Center Court hatte sie ihren beiden Landsfrauen in der Royal Box schüchtern zugewinkt. Nun übermannten Kvitova endgültig ihre Glücksgefühle, seit ihrer frühesten Kindheit hatte sie zu den beiden gebürtigen Tschechinnen aufgeschaut und sie für weit mehr als ihre Wimbledonsiege bewundert. „Ich kann kaum glauben, wie sehr sie sich für mich gefreut haben“, erzählte Kvitova, „sie waren immer meine Vorbilder.“

Das gilt besonders für Navratilova, die neunmal in Wimbledon erfolgreich gewesen ist und wie Kvitova das Tennisracket in der linken Hand hält. In der 125 Jahre alten Geschichte der Championships hatte es bisher nur drei Linkshänder in der Siegerliste gegeben. Die Britin Ann Jones komplettiert mit ihrem Erfolg 1969 das Trio. „Es gibt kaum Linkshänderinnen im Damentennis“, sagte Maria Scharapowa, die Kvitova im Finale unterlegen war, „ich brauchte zu lange, um mich daran zu gewöhnen.“ Während es für Kvitova normal ist, gegen Rechtshänderinnen zu spielen, müssen diese ihr eigenes Spiel umstellen. Slice-Bälle von Linkshändern bekommen einen anderen Drall, deren Aufschlag treibt den Gegner viel weiter aus dem Feld als üblich, was ein Vorteil beim Spielaufbau ist. Kvitova hatte das perfekt zu ihrem Vorteil genutzt. Mit 1,83 Meter Größe und einer starken Athletik verfügt sie über die besten physischen Voraussetzungen, nur ihre mentale Kraft war bisher ein Unsicherheitsfaktor. „Petra hat immer wieder Hänger in ihren Matches“, sagte Navratilova, „manchmal kostet sie das den Sieg.“

Im Achtelfinale der French Open hatte Kvitova zuletzt gegen Li Na im dritten Satz bereits mit 3:0 geführt, aber noch mit 3:6 verloren. In Wimbledon spielte Kvitova dagegen souveräner, nur im Viertel- und Halbfinale gab sie einen Satz ab. Von der Grundlinie aus macht sie am liebsten das Spiel, verfügt über sehr kräftige Grundschläge und einen wuchtigen Aufschlag. Im Finale spielte Kvitova dann so abgeklärt, als hätte sie nie etwas anderes getan. Es wäre eine Überraschung, sollte ihr erster Wimbledon-Titel ihr einziger Grand-Slam-Triumph bleiben. Doch das Beispiel der serbischen French-Open-Siegerin Ana Ivanovic zeigte zuletzt, dass sich Erfolgsgeschichten schwer vorhersagen lassen.

Kvitova begann als Kind in einem kleinen Tennisklub im tschechischen Prostejov, in dem auch der Top-Ten-Spieler Tomas Berdych und die Weltranglisten-32. Lucie Safarova immer noch trainieren. Das traditionelle Klubleben verschaffte Kvitova viel Spielpraxis, vielleicht mit ein Grund, warum ein Land mit nur zehn Millionen Einwohnern etliche erfolgreiche Spieler hervorbrachte. Im letzten Jahr war Kvitova noch die Nummer 62 der Rangliste, als sie erst im Halbfinale von Wimbledon scheiterte. Seither arbeitete sie sich stetig nach vorne, gewann in dieser Saison bereits drei Titel und steht seit Mai in den Top Ten. So selbstbewusst sie auf dem Platz ist, so schüchtern ist sie es abseits. Das Englische behagt ihr noch nicht so, den plötzlichen Medienrummel verfolgt sie staunend. Doch ihre Zeit hat ja auch gerade erst begonnen. „Es wird sicher noch einige Tage dauern“, sagte Kvitova, „dann habe ich vielleicht endlich verstanden, was passiert ist.“

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