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FC Bayern: Der Esprit des Ribéry

Wieder einmal rettet der Franzose dem FC Bayern den Sieg – und am Ende vielleicht sogar noch die Meisterschaft.

Die menschliche Kommunikation ist eine Wissenschaft für sich. Für ihre Störung gibt es diverse Gründe, der soziale Stand ist einer von ihnen. Es könnte also gut sein, dass der FC Bayern München schon aus einem gewissen Dünkel gar nicht viel reden will, wenn er auf Energie Cottbus trifft: Rekordmeister gegen graue Maus, Titelanwärter versus Abstiegskandidat. Doch daran lag es nicht, dass die Unterhaltung zwischen Gerhard Tremmel und Franck Ribéry am Samstag nicht richtig in Gang kam. „Ich habe in der Schule drei Jahre Französisch gehabt“, berichtete der Torhüter des FC Energie. „Aber davon kann ich nicht mehr viel.“ Tremmel behalf sich mit nonverbaler Kommunikation. Er legte seine Hand um die Schulter des kleinen Franzosen und drückte dessen Kopf an seine Brust.

Franck Ribéry sah tatsächlich so aus, als benötige er ein Quantum Trost. Zum zweiten Mal hatte er in der Bundesliga einen Elfmeter verschossen, zum zweiten Mal unterlief ihm dieses Missgeschick im Cottbuser Stadion der Freundschaft. Weil Tremmel den mangelhaft platzierten Ball fast mühelos parierte, blieb es beim 3:1 (1:1) für die Bayern. Eine lässliche Sünde eigentlich, die Reporter vom Boulevard witterten trotzdem einen Skandal. Aber nicht mit Uli Hoeneß, dem Manager der Münchner! Man müsse froh sein, dass der angeschlagene Ribéry überhaupt ins Spiel gekommen sei. „Die Meisterschaft wird nicht durchs Torverhältnis entschieden“, sagte Hoeneß, fast der Empörung nahe.

Angesichts der Tabellenkonstellation ist das eine durchaus kühne Prognose. Drei Spieltage stehen noch aus, und mit dem Sieg in Cottbus haben die Münchner nach Punkten zum VfL Wolfsburg aufgeschlossen. Gerade zwei Tore ist der Tabellenführer dem Rekordmeister jetzt noch voraus, schon einen Punkt dahinter folgt Hertha BSC, das wiederum einen Punkt Vorsprung auf den VfB Stuttgart besitzt. „Wir werden versuchen, alle Spiele zu gewinnen“, sagte Hoeneß. „Dann sehen wir, wo wir stehen. Das wird spannend.“

Mit etwas mehr Entschlossenheit hätten die Bayern schon in Cottbus zum ersten Mal in dieser seltsam wankelmütigen Saison die Spitzenposition der Fußball- Bundesliga erobern können. Immerhin hat Übergangstrainer Jupp Heynckes etwas Stabilität gebracht: zwei Spiele, zwei Siege waren es bislang – gegen die Abstiegskandidaten Mönchengladbach und Cottbus. „Es war schon zu sehen, dass wir Fortschritte machen“, sagte Heynckes. „Wir haben ein Team, das harmoniert.“

Sie übertrieben es fast mit der Harmonie, spielten mit hoher taktischer Disziplin, mit bemerkenswerter Geduld, aber der Darbietung fehlte das Außergewöhnliche – das Anarchische. Bayerns Mann fürs Anarchische saß in Cottbus 55 Minuten auf der Bank, weil seine Halsmuskulatur schmerzte. Das unbefriedigende 1:1 aber zwang Heynckes am Ende dazu, Franck Ribéry doch noch ins Spiel zu bringen.

Der Franzose machte aus einer soliden Mannschaft eine gute, vielleicht sogar sehr gute. Plötzlich war Esprit im Spiel, plötzlich suchten die Bayern entschlossen den Weg in die Offensive, plötzlich wurden sie gefährlich. Zehn Minuten nach Ribérys Einwechslung stand es 3:1. Bis zum Schlusspfiff leitete er noch vier Torschüsse ein, er holte den Elfmeter heraus, den er dann verschoss, und das entscheidende 3:1 durch Lukas Podolski entsprang einem unwiderstehlichen Dribbling des Franzosen.

Selbst der Gegner vermochte sich dem Zauber nicht zu entziehen. Ivica Iliev, der Torschütze der Cottbuser, adelte Ribéry zum neben Lionel Messi besten Spieler der Welt, und auch Energies Trainer Bojan Prasnikar schien froh zu sein, dass er die Schau des kleinen Franzosen hatte miterleben dürfen. „Er kam im richtigen Moment ins Spiel“, sagte er. Für Energie Cottbus war es natürlich genau der falsche.

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