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Schau'n mer mal zu: Josep Guardiola kann sich nicht über mangelndes Zuschauerinteresse bei den Auftritten des FC Bayern beschweren. Über zu wenige Möglichkeiten für Geheimtrainings schon.

© dpa

FC Bayern München: Guardiola kämpft um "ein bisschen Ruhe"

Während der FC Bayern in der Vorbereitung über die Dörfer tingelt, versucht der neue Trainer Josep Guardiola, seine Spieler so oft wie möglich für sich zu haben.

Vermutlich hätte sich Josep Guardiola vor ein paar Wochen nicht vorstellen können, dass er die Partie gegen Brescia Calcio herbeisehnen würde. Die Mannschaft kickt in der italienischen Serie B, der zweithöchsten Fußballklasse des Landes, und wird mit dem FC Bayern München kaum mithalten können an diesem Abend in dem kleinen Stadion in Arco. Aber gemessen an den bisherigen Testspielgegnern ist Brescia ein richtiger Herausforderer für den Triple-Sieger. Bisher ging es nur gegen Freizeitkicker und unterklassige Klubs.

In den ersten zwei Wochen reicherte Guardiola nicht nur seinen deutschen Wortschatz an, sondern bekam auch einen Crashkurs in bayerischer Kultur und darin, wie das Marketingkonzept des derzeit besten Vereins Europas funktioniert. Die Münchner tingeln regelmäßig zu Beginn der Vorbereitung im Sommer über die Dörfer und treten zu sportlich wertlosen Spielen an, weil es zu ihrer Philosophie gehört, trotz internationaler Erfolge Volksnähe und Heimatverbundenheit zu pflegen. Vier Tage nach Trainingsbeginn musste Guardiola in die Oberpfalz reisen, um mit seiner Mannschaft gegen einen Fanklub anzutreten.

Danach wartete der TSV Regen, ein Bezirksligist aus dem Bayerischen Wald. Zu Beginn des Trainingslagers am Gardasee gab es dann einen Vergleich mit einer Mannschaft, die ein Sponsor der Münchner zusammengestellt hatte – die Spieler konnten sich dafür per Videoclip bewerben. In der Halbzeit des müden Kicks trat Guardiola sichtbar verärgert nach einem nicht vorhandenen Gegenstand, und es war nicht ganz klar, was ihn mehr erzürnte: Das lasche Spiel seiner Mannschaft oder dass diese Partie überhaupt stattfand. Nach dem Schlusspfiff ließ er sich aber nichts anmerken, er lobte gar die Leistung seiner Spieler – was blieb ihm auch anderes übrig? „Wir haben gut gespielt, vor allem in der zweiten Halbzeit“, sagte er.

Das Vorbereitungsprogramm entsprach bisher wohl nicht den Vorstellungen von Guardiola, aber anders als einst in Barcelona akzeptiert er es. Dort hatte er einmal sein Veto gegen eine Reise nach China eingelegt. Dass die Absage den Klub einige Millionen Euro gekostet hatte, war klaglos hingenommen worden. Und Guardiola hätte wohl auch das zehntägige Trainingslager am Gardasee ein bisschen anders gestaltet. Die Gastgeber, der Tourismusverband des Trentino, hat sich die Präsenz der Bayern bis 2015 in der Hoffnung gesichert, durch den Verein Gäste in die Region zu locken. Er wirbt mit der Aussicht auf öffentliche Trainingseinheiten und abendlichen Auftritten mit Autogrammstunden. Guardiola ist aber nun aus Barcelona gewohnt, immer unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu trainieren und sich nur im Stadion bei den Spielen den Fans zu präsentieren.

Er wusste, was ihn erwartet und dass er kaum eine Chance hat, die Tage ganz nach seinen Vorstellungen zu planen. Immerhin setzte er schon im Voraus durch, dass nur eine der beiden Übungseinheiten pro Tag öffentlich ist. Damit konnte sich der Veranstalter arrangieren, zumal Guardiola die Erklärung freundlich und smart vortrug: „Ich brauche ein bisschen Ruhe. Ich muss mit den Spielern sprechen.“ Und das sei eben nicht möglich, wenn am Rand die Aktionen mit Beifall oder Zwischenrufen quittiert werden.

Aber dass Guardiola nun ausgerechnet am Sonntag, wenn sowohl die Wochenendtouristen als auch Fußballfans aus der Region die Gelegenheit hätten nutzen wollen, die Bayern live zu sehen, das öffentliche Vormittagstraining ausfallen ließ, dürfte dem Gastgeber nicht gefallen haben. Am Montag strich er die Vormittagseinheit noch einmal, aber immerhin waren beim zweiten Training Zuschauer zugelassen. So schafft es Guardiola in den insgesamt acht Trainingstagen in Italien bei mehr als der Hälfte aller Übungseinheiten die Spieler für sich zu haben – und damit sogar den Sponsor auszutricksen.

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