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Fed-Cup: Gefährlicher Egoismus

Auch ohne Sabine Lisicki wollen die deutschen Tennisspielerinnen am Wochenende gegen Tschechien das Fed-Cup-Halbfinale erreichen.

Berlin - Der Zeitpunkt hätte ungünstiger kaum sein können. „Es war eine schwere Entscheidung, aber es passt jetzt nicht in meine Turnierplanung“, erklärte Sabine Lisicki am Rande der Australian Open. Die derzeit beste deutsche Tennisspielerin war auf der Suche nach einer Entschuldigung für die unerwartete Absage, die sie dem heute beginnenden Fed-Cup-Viertelfinale in Tschechien kurz zuvor erteilt hatte. Doch so recht wollte ihr die nicht gelingen. Lisicki hatte entscheidend dazu beigetragen, die Mannschaft von Barbara Rittner 2009 in die Weltgruppe zurückzuführen. Angesichts der Auslosung gegen Tschechien und mit der entsprechenden Besetzung erschien es nun nach Jahren der Flaute wieder aussichtsreich, zum ersten Mal seit 1995 das Halbfinale des Mannschaftswettbewerbs zu erreichen.

Umso enttäuschter reagierte dann auch Barbara Rittner auf die Absage ihrer Topspielerin. „Natürlich bin ich enttäuscht, denn Sabine hätte uns sicher weiter geholfen“, sagte die deutsche Teamchefin, selbstverständlich nicht ohne die üblichen Floskeln des Verstehens nachzuschieben und zu betonen, dass man auch ohne Lisicki eine gute Chance habe.

Es sind Szenen, die aus der Vergangenheit nur allzu gut bekannt sind – von den Frauen wie auch dem Davis-Cup der Männer. Je besser die Spieler werden, desto weniger Interesse haben sie meist – sollte es nicht unmittelbar um den begehrten Titel gehen – ihre Turnierplanung für die Strapazen in den Teamwettbewerben zu unterbrechen. Sabine Lisicki muss sich jedoch fragen, ob sie sich eine solche Haltung bereits erlauben kann. Gerade mal 20 Jahre alt, steht die Berlinerin zwar auf Rang 25 der Weltrangliste, macht sich durch eine solche Haltung nicht nur unbeliebt bei den deutschen Fans, sondern erhöht auch den Druck auf sich selbst. Bei den Australian Open scheiterte Lisicki unmittelbar nach ihrer Fed-Cup-Absage bereits in Runde zwei an der wesentlich schlechter platzierten Italienerin Alberta Brianti. Und anstatt ihre deutschen Teamkolleginnen zu unterstützen, schlägt Lisicki ab Sonntag lieber bei den Pattaya Open in Thailand auf, einem nur mittelmäßig besetzten Turnier. Zudem wird in Tschechien keineswegs auf einem Belag gespielt, der Lisickis Vorbereitung auf die kommenden Wochen gefährden könnte. Die Begegnung im tschechischen Brünn wird passend zum jetzigen Saisonzeitpunkt auf einem Hartplatz ausgetragen, wenn auch in der Halle.

„Es ist sehr schade, das schwächt uns“, sagte Andrea Petkovic, die es erstmals in ihrer Karriere in die Top 50 der Weltrangliste geschafft hat und nach Lisickis Absage die deutsche Mannschaft anführt, zeigte aber auch ein bisschen Verständnis für Lisickis Position. „Sie will in die Top Zwanzig und denkt, dass der Egoismus jetzt gerechtfertigt ist. Aber ich mag sie trotzdem und sie ist immer willkommen.“

Die Begegnung eröffnet heute somit Anna-Lena Grönefeld gegen Lucie Safarova, Weltranglisten-46. und Führungsspielerin der Tschechinnen (13 Uhr, www.tennislive.tv). Im zweiten Einzel trifft Andrea Petkovic auf Petra Kvitova. Außerdem spielen für die Deutschen Kristina Barrois und Tatjana Malek, das tschechische Team komplettieren Lucie Hradecka und die erfahrene Kveta Peschke fürs Doppel.

Sabine Lisicki könnte ihren Egoismus schon bald bereuen. Sollte das Team verlieren, würde sie wohl irgendwie und irgendwann dafür mitverantwortlich gemacht werden. Anke Myrrhe

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