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Sport: Feiern mit Kopfweh

Hertha BSC gelingt ein umjubelter erster Sieg in der neuen Liga – doch auf das Team wartet noch viel Arbeit

Berlin - Die Besinnung hatte nur einer verloren an diesem lauen Augustabend. Herthas Neuzugang Rob Friend war es, der sich vor knapp 50 000 Menschen im Olympiastadion bemüßigt sah, einen Fallrückzieher in seine Darbietungen einzustreuen. Mal unabhängig davon, dass eine solche Einlage für einen fast zwei Meter großen Kicker ziemlich mutig ist, so war sie noch nutzlos und schmerzhaft. Für den langen Kerl wie auch für Hertha. Als der Kanadier aufzustehen versuchte, knickten ihm zweimal die Beine weg wie man es bei Sturzbetrunkenen beobachten kann. Friend kam mit einer schweren Gehirnerschütterung davon – und Hertha dank des 17-jährigen Ersatzspielers Marco Djuricin, dem zwei Treffer gelangen, mit einem wackeligen Heimsieg.

Hertha BSC ist mit einem 3:2-Erfolg in die Zweitligasaison gestartet, doch musste der Bundesliga-Absteiger erst zwei, drei Rückschläge verkraften. In Friend verlor Hertha einen wichtigen Spieler, dann geriet das Team nach fahrigen Minuten in Rückstand und musste auch noch einen späten Ausgleich hinnehmen. „Der Sieg zählt“, sagte Trainer Markus Babbel später. Die stattliche Kulisse jubelte, der Auftakt war gelungen. „Es war nicht alles das Gelbe vom Ei“, sagte Babbel allerdings anderntags. Die Zweite Liga sei nicht viel anders als die Bundesliga. „Wir müssen viel laufen und viel arbeiten“, mahnte der Trainer.

Bei der glücklichen und durchaus verdienten Fügung, wonach Hertha das bessere Ende für sich hatte, war unübersehbar, dass das neue Berliner Team beständig wachsen muss, will es das Unterhaus nach der Mindestaufenthaltsdauer von einem Jahr verlassen. Die tatsächliche Leistung wurde von der Dramaturgie der Ereignisse geschmeichelt. „Ich will mir nicht ausdenken, was gewesen wäre, wenn wir das Spiel nicht gewonnen oder gar verloren hätten“, sagte Christian Lell, der auf der rechten Seite in der neu zusammengesetzten Abwehrkette spielte. „Wir mussten merken, dass wir nur über den Kampf zu unserem Spiel finden können.“

Das Spiel zu ordnen, diese Aufgaben übernahm Peter Niemeyer. „Wir haben uns ein bisschen einlullen lassen“, sagte der defensive zentrale Mittelfeldspieler, der einen starken Eindruck hinterließ. Und das nicht nur, weil er zwei Tore vorbereitete. Der Leihspieler aus Bremen überbrückte oft genug die Lücke zwischen einer tief stehenden Abwehr und den vier deutlich offensiv postierten Adrian Ramos, Nikita Rukavytsya, Marco Djuricin und Waleri Domowtschiski. Insbesondere nach der 2:1-Führung zu Beginn der zweiten Halbzeit ließ sich Hertha fallen, gedanklich und körperlich. Das Spiel ohne Ball war schwach, weshalb viel quer gespielt wurde. Das führte dazu, dass hohe Ballbesitzzeiten von über 60 Prozent ergebnislos verstrichen. Und weil das Team in der Rückwärtsbewegung nach Ballverlusten oft unorganisiert war, gelang den überaus harmlosen Gästen der zwischenzeitliche Ausgleich. Und so zeigte sich bei aller guten Laune auf den Rängen, wie fragil das neue Gebilde eben noch ist. „Es wird noch Zeit brauchen, bis die Mannschaft eingespielt ist“, sagte auch Manager Michael Preetz.

Die Hälfte der Formation vom Freitag ist neu. Zudem fehlen noch zentrale Spieler, die für den Stamm der Mannschaft vorgesehen sind, verletzungsbedingt – etwa Raffael, Ebert und Lustenberger.

„Wir müssen uns noch viel erarbeiten“, sagte Babbel, der mit dem Auftaktsieg im Rücken eine weitere Woche in Ruhe an seinem Team feilen kann. Und so hat er seinen Spielern neben dem Sonntag auch noch den Montag freigegeben. Als kleine Belohnung für den Sieg, wie er sagte.

Inzwischen soll es auch Rob Friend den Umständen entsprechend gutgehen, wie der Trainer berichtete. Nur die Kopfschmerzen werden dem Stürmer noch ein wenig erhalten bleiben. Es hätte für alle auch schlimmer kommen können.

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