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Keine Diskussion. Felix Magath muss nicht um seinen Job fürchten.

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Keine Trainerdiskussion: Felix Magath und Schalke 04: Mechanismen außer Kraft

Nach vier Niederlagen in vier Bundesligaspielen gerät ein Trainer normalerweise in Erklärungsnot. Nicht so bei Schalke 04, wo Felix Magath trotz des verheerenden Saisonstarts fest im Sattel sitzt.

Zu vorgerückter Stunde trat ein rüstiger Schalker im Rentenalter und im Look der achtziger Jahre ins Foyer der Arena und kam, ganz kurz, auf die alten Zeiten zu sprechen. Auf jene Zeit etwa, als er selbst noch drei Millionen Mark für einen Profi wie Bjarne Goldbaek bereitgestellt habe. Das ist lange her und hat dem Revierklub damals nicht weitergeholfen. Aber der ältere Herr fühlte sich irgendwie daran erinnert. Dem neuen, inzwischen angekratzten Selbstbewusstsein der Königsblauen entsprechend orientierte er sich an keinem geringeren als am FC Bayern München. Früher hätten die Bayern Schalke die besten Spieler abgeworben, um die Westfalen zu schwächen, behauptete er, „diesmal haben sie uns Felix Magath geschickt“. Der aktuelle Trainer des FC Schalke 04 kam zwar nicht geradewegs aus Bayern ins Ruhrgebiet, aber mit einer Münchner Vergangenheit, die noch nicht allzu lange zurückliegt. Der Spruch spiegelt die Vorbehalte, denen Magath auf Schalke inzwischen begegnet.

Auch an diesem denkwürdigen Abend wurde er gefeiert. Aber von wem? Es waren die Fans des Erzrivalen Borussia Dortmund, die lautstark den Namen des Schalker Trainers riefen, im gleichen Stakkato, wie es vor ein paar Monaten noch die inzwischen verstimmten Anhänger des FC Schalke 04 getan hatten. Die Häme der Dortmunder bildete den Soundtrack des Abends, an dem Magath so desillusioniert wirkte wie noch nie, seit er die Geschicke des Traditionsklubs aus dem Ruhrgebiet lenkt. Als die Demontage vorbei war, bezeichnete der auf maximalen Erfolg ausgerichtete Fußball-Lehrer das 1:3 (0:1) gegen Dortmund als seinen „schlimmsten Tag auf Schalke“ und einen der schlimmsten in seiner Karriere überhaupt. Mit vier Niederlagen am Stück war Magath noch nie in die Bundesliga gestartet.

Anders als nach all den anderen Spielen der schwarzen Serie, die auch einen misslungenen Auftakt in der Champions League einschließt, wusste der Impresario der Niederlage keinen Aspekt mehr abzugewinnen, der aus Schalker Sicht auf eine rasche Wende zum Guten schließen ließe. Nach den Niederlagen zwei und drei in der Saison hatte er noch geglaubt, eine Steigerung ausgemacht zu haben. Aber so verunsichert und verzagt, wie sein Personal diesmal den dynamischen Dortmundern gegenübertrat, sah sich Magath vor einer „neuen Situation“, die er erst mit einigem Abstand bewerten könne. Um Zeit zu gewinnen, warnte er davor, „jetzt alles grundsätzlich infrage zu stellen“.

Plötzlich scheint das Puzzle nicht mehr elf oder zweiundzwanzig Teile zu haben, sondern Tausende. Die Zwischenbilanz der Magath’schen Einkaufstour, die gut 36 Millionen Euro gekostet hat, fällt niederschmetternd aus: null Siege, null Punkte, null Begeisterung.

Dafür treten erste Widersprüche zu- tage. Warum etwa lässt Magath Jose Manuel Jurado nicht spielen, einen Mann, der angeblich dreizehn Millionen Euro gekostet hat und für Atletico Madrid in der vergangenen Saison 38 Partien in der Primera Division bestritten hat? Magath hat natürlich eine Antwort: Der Spanier sei ein ausgesprochen offensiver Mann, leiste aber zu wenig Abwehrarbeit, könne der destabilisierten Mannschaft also derzeit nicht helfen. Hatte nicht Magath dem Klub in den Ohren gelegen mit der Forderung, der Angriff müsse belebt werden? Zudem hatte er Christoph Metzelder als Abwehrstrategen angekündigt, dem er zutraue, in die Nationalmannschaft zurückzukehren. Inzwischen fragt sich das Publikum, ob und wann Metzelder in die Schalker Elf zurückkehren soll. Auch den alternden spanischen Stürmerstar Raúl zum Fixpunkt zu machen, um den alle anderen Offensivkräfte kreisen müssen, könnte sich noch als Irrtum erweisen.

Was folgt daraus? Bei den meisten anderen Trainern wäre das leicht zu beantworten. Rangnick oder Slomka, zwei von Magaths Vorgängern in Schalke, wären nach fünf Niederlagen mit einer Dortmunder Demütigung als Höhepunkt wohl entlassen worden. Bei Magath ist das anders. Die Fans bleiben ruhig.

Den Manager Magath mögen viele von ihnen schon länger nicht, den Trainer aber achten sie. Die einen vertrauen ihm und glauben an die Wende, die anderen ahnen, dass den Klub eine Trennung teurer zu stehen käme als jede andere Demission, schließlich hat sich der Schalker Alleinherrscher allein durch seine Ämterfülle quasi unverzichtbar gemacht. Zudem schützt Magath eine offensichtliche Allianz mit der größten Boulevardzeitung des Landes. Die sogenannten Mechanismen des Geschäfts sind vorerst außer Kraft gesetzt, kurioserweise auf Schalke, wo sie sonst noch schneller greifen als anderswo.

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