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Zeichen mit Rauch. Feuerwerk im Stadion ist und bleibt strafbar. Auch deswegen vermummen sich viele Fans beim Abbrennen von Bengalos, wie hier Anhänger des Hamburger SV im Bundesligaspiel gegen Werder Bremen.

© dapd

Pyrotechnik: Feuer unterm Dach

Das endgültige Verbot von Pyrotechnik frustriert jene Fans, die eine Legalisierung angestrebt haben. Statt den gemäßigten Fans könnten nun die destruktiven bestärkt werden, fürchten Experten.

Vor ein paar Monaten war Jannis Busse noch voller Hoffnung. „Die Gespräche haben sehr konstruktiv angefangen, wir wähnten uns auf einem guten Weg und haben uns ernst genommen gefühlt“, sagt der Hannoveraner Ultra-Fan über die ersten beiden Treffen mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL): „Es schien, als ob auf beiden Seiten Gesprächsbereitschaft herrscht.“ Der 29-Jährige ist Sprecher der Kampagne „Pyrotechnik legalisieren“, die sich seit rund einem Jahr für legalisiertes Abbrennen von Bengalischen Feuern in deutschen Fankurven eingesetzt hat – und die nun gescheitert ist. Am Mittwoch verkündete DFB-Präsident Theo Zwanziger: „Pyrotechnik hat in den Stadien nichts zu suchen, der Einsatz ist komplett ausgeschlossen, er ist illegal.“ Vertreter der Fanszene, für die bengalische Fackeln integraler Bestandteil ihrer Fankultur sind, fühlen sich nun betrogen. „Das ist ein trauriger Schlusspunkt“, sagt Busse. „Die moderaten Kräfte in den Fanszenen werden geschwächt.“

Zweimal hatten sich die Initiatoren der Kampagne, der sich mehr als 50 Ultra-Gruppen angeschlossen hatten, mit den Verbandsvertretern getroffen. Für die Koordinationsstelle Fanprojekte saß dabei Michael Gabriel mit am Tisch. „Die Initiative war begrüßenswert und hat auf Dialog statt auf Konfrontation gesetzt“, sagt Gabriel. „Auch die Einladung von DFB und DFL haben wir sehr positiv gesehen.“ Die zentrale Frage der Verhandlungen war: Können Rahmenbedingungen für ein legales Abbrennen von Pyrotechnik im Stadion geschaffen werden? Dazu sollten nach Wunsch der Fans „Pyrozonen“ in den Fanblöcken eingerichtet werden, in denen zertifizierte Feuerwerkskörper abgebrannt werden sollten, ohne Zuschauer zu gefährden. „Es war nie Ziel der Kampagne, dass jeder wie und wo er will Feuerwerkskörper zünden darf“, sagt Anwalt Benjamin Hirsch, der die Initiatoren beraten hat. Die beteiligten Fangruppen wollten an den ersten drei Bundesliga-Spieltagen dieser Saison auf Pyrotechnik verzichten und so Pilotprojekte in Abstimmung mit Vereinen, Sicherheitsbehörden und Feuerwehr ermöglichen. „Wir wollten etwas erreichen, da mussten wir auch etwas anbieten“, sagt Jannis Busse.

Hauptansprechpartner beim DFB war zunächst der erfahrene Sicherheitsbeauftragte Helmut Spahn. Als dieser im Sommer einen neuen Posten in Katar antrat, gerieten die Gespräche ins Stocken. „Es ist zumindest auffällig, dass die Kompromissbereitschaft nachgelassen hat, seit Spahn nicht mehr dabei ist“, sagt Busse. Bei einem dritten Treffen wurde der Initiative dann eine Absage erteilt, die in dieser Woche von Theo Zwanziger und Liga-Präsident Reinhard Rauball lediglich bestätigt wurde.

Die beiden Verbände präsentierten am Mittwoch ein Gutachten, demzufolge „die Verwendung von Pyrotechnik durch Besucher/Fangruppen auf Grundlage des geltenden Rechts ausgeschlossen“ ist, auch die Dachverbände Fifa und Uefa verbieten Feuerwerk im Stadion. Laut Rechtsanwalt Hirsch hatte eine erste Rechtsexpertise zu Beginn der Gespräche aber ergeben, dass Pyrotechnik unter Auflagen durchaus erlaubt werden könne. „Es ist mir schleierhaft, woher die Kehrtwende kam“, sagt Hirsch. „DFL und DFB haben sich mit dem Konzept wohl gar nicht beschäftigt.“

Jannis Busse spricht von einer „fatalen Botschaft“, die von der Entscheidung der obersten Fußball-Funktionäre ausgeht. „Die Erwartungen wurden enttäuscht. Viele Fans waren von Anfang an skeptisch, jetzt sind diese Leute für uns nur noch bedingt erreichbar.“ Für Michael Gabriel fügt sich das endgültige Verbot in „eine bereits bestehende Erfahrungswelt vieler Fußballfans“ ein, die sich auch bei der Umbenennung von Stadien oder der Festlegung von Spielplänen übergangen fühlen. „Die Art und Weise des Dialogabbruchs vertieft die Gräben“, sagt Gabriel. „Und sie stärkt diejenigen, die sowieso schon eine destruktive Haltung vertreten.“

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