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Kommentar: Filter- und skrupellos

Flavio Briatore bewegte sich ständig an der Grenze des Erlaubten oder darüber hinaus. Christian Hönicke über den Abschied des Italieners aus der Formel 1.

Von moralischen Bremsklötzen hielt der geborene Geschäftemacher Flavio Briatore noch nie etwas. Ob als Skilehrer, Barkeeper, Börsenmakler, Restaurant- und Diskobesitzer, US-Missionar der Modemarke Benetton oder als Teamchef in der Formel 1, stets wagte er sich an die Grenze des Erlaubten und häufig genug auch darüber hinaus. Mit seiner kompromiss- bis skrupellosen Vorgehensweise hat der Italiener den ohnehin knallharten Wettbewerb in der Formel 1 auf eine neue Ebene gehoben. Zu seinen zahlreichen Schlitzohrigkeiten gehörten manipulierte Unterböden, verbotene Traktionskontrollen und entfernte Sicherheitsventile aus Tankanlagen. So gewann er 1994 und 1995 seine ersten WM-Titel mit Michael Schumacher, so machte er auch später bei Renault weiter.

Angebliche Affären mit Models wie Heidi Klum brachten der Formel 1 Glamour und dem jovialen Kettenraucher so etwas wie Immunität, zumal er über Jahre den Grand-Prix-Patriarchen Bernie Ecclestone (dessen Nachfolger er werden wollte) an seiner Seite wissen konnte. Briatore war nicht unbeteiligt daran, dass die Formel 1 inzwischen eher als Show denn als Sport wahrgenommen wird.

Der „Crashgate“ genannte Skandal um einen mutmaßlich fingierten Unfall jedoch hat nun selbst für Briatores Verhältnisse neue Maßstäbe gesetzt. Nicht nur Ecclestone sieht dadurch auch die letzten Reste der Glaubwürdigkeit der Formel 1 gefährdet. Wie es mit ihr und Renault und Briatore weitergeht, das sind Fragen, die sich nun auftun. Klar ist eigentlich nur eines: Flavio Briatore selbst mag die Formel 1 vorerst verlassen haben, doch sein Geist ist weiter allgegenwärtig. Der nächste Skandal kommt bestimmt.

Christian Hönicke

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