zum Hauptinhalt
Auf Anflug zum Sieg? Thomas Diethart geht als Führender in den letzten Wettkampf.

© dpa

Finale der Vierschanzentournee: Und jährlich schätzt der Schuster

Bei der Vierschanzentournee kämpfen die Österreicher Diethart und Morgenstern und der Schweizer Ammann um den Gesamtsieg. Bundestrainer Schuster hat die Chancen der drei Springer vor dem letzten Wettkampf eingeschätzt.

Es ist eigentlich jedes Jahr dasselbe in Innsbruck. Irgendwann steigt der deutsche Bundestrainer Werner Schuster von der Bergiselschanze herunter ins Pressezentrum in der Pädagogischen Hochschule und muss einschätzen, wer nun beim abschließenden Springen in Bischofshofen am Montag (16 Uhr, live in ZDF und Eurosport) die Vierschanzentournee gewinnen kann. Seine Meinung ist stets gefragt, denn sie ist objektiv und neutral. Er und seine Helden der Lüfte kommen zu diesem Zeitpunkt für einen Gesamtsieg längst nicht mehr infrage. So auch in diesem Jahr, in dem es auf der Paul-Ausserleitner-Schanze in Bischofshofen zu einem österreichisch-schweizerischen Dreikampf kommen wird:

1. Thomas Diethart (716,10 Punkte)

Für den 21 Jahre alten Österreicher spricht der bisherige Verlauf der Vierschanzentournee. Vor dem ersten Springen von Oberstdorf hatte ihn noch niemand auf der Rechnung, doch spätestens mit seinem Sieg in Garmisch-Partenkirchen hat Thomas Diethart gezeigt, dass er zurzeit auf jenem Luftpolster fliegt, das schon viele überraschende Vierschanzentourneesieger wie Sven Hannawald oder Andreas Kofler getragen hat. „Diethart ist nach wie vor eine Sphinx“, sagt der deutsche Bundestrainer, „man weiß nicht, ob er es durchzieht.“ Er sieht die Unerfahrenheit des Mannes, der noch vor drei Wochen nur im zweiten Nationalkader der Österreicher stand, als Vorteil an: „Vielleicht hat er die beste Position, weil es keiner von ihm erwartet.“ Die Phrasen der Großen aber hat Diethart schon drauf. „Ich will vor allem Spaß haben“, sagt er vor der Entscheidung in Bischofshofen. Zwischen Garmisch-Partenkirchen und Innsbruck hat ihn der österreichische Verband mit ersten Autogrammkarten ausgerüstet. Die erste erhielt sein Landsmann und Konkurrent Thomas Morgenstern. Sehr gut möglich, dass die neuen Karten am Montagabend besonders gefragt sein werden.

2. Simon Ammann (706,70)

Der Schweizer Doppel-Olympiasieger von Salt Lake City und Vancouver muss in Bischofshofen etwas mehr als fünf Meter auf den führenden Österreicher aufholen. Die Chancen darauf stehen nicht schlecht, denn schon in Innsbruck hat Simon Ammann bei für ihn günstigen Windbedingungen etwas Boden gutmachen können. „Für Ammann ist es in Innsbruck perfekt gelaufen, hier hat er oft die Tournee verloren“, sagt der deutsche Bundestrainer Schuster. Diesmal aber bleibt Ammann weiter im Rennen um seinen ersten Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee. Es ist der einzige Titel, der ihm in seiner höchst erfolgreichen Karriere noch fehlt. Mit diesem Erfolg säße er im Skisprungolymp neben Matti Nykänen, der als bisher Einziger alle Einzeltitel gewonnen hat, die es im Skispringen zu gewinnen gibt. Simon Ammann aber mindert den Erwartungsdruck, indem er sagt: „Mir kommt es nur darauf an, dass ich gut skispringe.“ Sogar den Heimvorteil der Österreicher weiß er geschickt in Motivation umzumünzen. „Es war schön in Innsbruck, gegen die zwei Österreicher zu springen“, sagt er, „das Publikum war wieder fantastisch, so kann man das genießen.“

Der 32 Jahre alte Schweizer erfreut sich zurzeit nach zwei schwachen Jahren an seiner Rückkehr an die Spitze seines Sports. „Es ist toll, hier zu sein, mit dieser Form“, sagt er. Vor einem Jahr hatte er auf der Fahrt nach Innsbruck noch über die richtige Skiwahl diskutiert. „Und ein Jahr später ist man da, wo man schon viel früher hinwollte“, sagt Simon Ammann, „so ist das im Leben, manchmal muss man etwas länger warten, bevor etwas aufgeht.“ Womöglich gilt das ja auch für den Sieg bei der Vierschanzentournee.

3. Thomas Morgenstern (700,70)

Wäre das dritte Springen ein normales gewesen, würde womöglich der Vierschanzentourneesieger von 2011 als großer Favorit in das abschließende Springen gehen. „Für mich ist Thomas Morgenstern der beste Springer“, sagt Bundestrainer Werner Schuster, „was der in Innsbruck geleistet hat, ist unmenschlich, er ist extrem gut gesprungen.“ Doch weil der Rückenwind so widrig war, reichte sein Sprung nur zu Platz acht und Rang drei in der Gesamtwertung. „Das ist, als ob ein Autofahrer mit 200 PS weniger fahren muss“, sagt Morgenstern, „da wäre viel mehr dringewesen.“ Trotzdem schreibt der 27-jährige Österreicher den Tourneesieg noch nicht ab. „15 Punkte Rückstand sind schon eine Menge Holz, da muss schon viel mitspielen“, sagt er, „aber abgerechnet wird am Schluss.“

Mit seinem zweiten Tourneesieg könnte er ein starkes Comeback vollenden. Nach privaten Problemen – er hatte sich zwischenzeitlich von Frau und Kind getrennt – war er im Dezember auch noch beim Weltcup in Titisee-Neustadt schwer gestürzt. Seitdem springt er mit einem gebrochenen Finger und muss sich im Auslauf zum Öffnen der Bindung einen Schraubenzieher reichen lassen. Zum Hochstemmen des goldenen Adlers für den Sieger der Vierschanzentournee dürfte es bei ihm aber sicherlich noch reichen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false