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FLANKE aus Spanien: Das bessere Barcelona

Julia Macher über den Aufstieg von Real Madrid in neue Sphären

Mit den Wörtern „rauxa“ und „seny“ umschreiben die Katalanen gerne ihren Charakter, übersetzt bedeutet das soviel wie Rausch und Vernunft – das Pendeln zwischen den Polen diente schon unzählige Male als Beschreibung für das Spiel des FC Barcelona. Dumm nur, dass in dieser Saison ausgerechnet die Rivalen aus Madrid die katalanischen Vorzeigetugenden für sich gepachtet haben, nach dem Torwirbel gegen Valladolid am Sonntag mehr denn je. Berauschender als mit einem 7:0 lässt sich Fußball schwer zelebrieren, trunkener können Lobeshymnen kaum klingen („bester deutscher Coach der Welt“, „Mannschaft mit dem Sieger-Gen“). Und vernünftiger als Bernd Schuster kann man mit dem medialen Wahnsinn nicht umgehen. „Das Team hat gezeigt, dass es reagieren kann“, analysierte Schuster nüchtern. Er hatte zwar Recht – in der ersten halben Stunde hatte Valladolid überraschend viel Druck ausgeübt, angesichts des hoen Sieges klang sein Resümee aber extrem bescheiden.

Schließlich verbuchten die Königlichen den höchsten Liga-Sieg seit September 2003; legt man den Spielstand zur Halbzeit zu Grunde (5:0), war Real Madrid zuletzt 1960 so erfolgreich. Der Dauerrivale FC Barcelona, einst für anmutigen Fußball bekannt, hat während der letzten vier Spieltage gerade einmal so viele Tore erzielt wie Real Madrid bis zur 38. Minute – vier. Zwar beschreiben Statistiken nur unzureichend Schönheit oder Eleganz, aber wenn es um das Dauerduell des spanischen Fußballs geht, verzichtet man selbst im spektakelversessenen Spanien auf ästhetische Maßstäbe.

Acht Punkte trennen die Teams, gefühlt sind es dreimal so viel. Die Lobeshymnen auf die Nachwuchsschule des FC Barcelona sind verstummt; an das ehrfurchtsvolle Geraune von den „Fantastischen Vier“, dem angeblich unbesiegbaren Quartett Messi, Henry, Eto’o und Ronaldinho, mag sich keiner erinnern, nicht einmal der Trainer. Obwohl Frank Rijkaard beim Auswärtsspiel gegen Uefa-Cup-Sieger Sevilla auf neun Spieler verzichten musste, ließ er Ronaldinho die erste Halbzeit auf der Bank. Nach seiner Einwechselung zeigte sich der Brasilianer wieder einmal als müder Abklatsch seiner selbst. Über ein Unentschieden kamen die Katalanen nicht hinaus. Und als sei das nicht genug, musste sich Samuel Eto’o, die große Hoffnung der Rückrunde, beim Afrika-Cup-Finale wieder einen Verband um den linken Oberschenkel wickeln. Wie gravierend die Verletzung ist, werden die Vereinsärzte heute bekannt geben. Stehen die Sterne weiter so royalistisch, sitzt er am Wochenende wohl auf der Tribüne.

An dieser Stelle schreiben unsere Korrespondenten dienstags über Fußball in England, Spanien und Italien.

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