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Dem Tod entronnen. Eine Hirnblutung veranlasste den Stürmer Martin Fenin, sich seine Probleme einzugestehen. Foto: dpa

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Sport: Flucht aus Sucht und Depression

Martin Fenin von Energie Cottbus bittet nach einer Hirnblutung und einem Geständnis um eine Auszeit

Der Hilferuf kam gestern um 11 Uhr. „Martin Fenin bittet um eine Auszeit“, teile Fußball-Zweitligist FC Energie Cottbus mit. Nach seiner Hirnblutung sowie Gesprächen mit Ärzten, seinen aus Tschechien angereisten Eltern und den Beratern wolle sich Fenin unverzüglich in dauerhafte ärztliche Behandlung begeben.

Die gesundheitlichen Probleme des 24-jährigen Tschechen, die mit Depressionen und Suchtverhalten einhergehen, sind sehr komplex. Die Bezeichnung Burn-out-Syndrom ist vielleicht zu ungenau. Fenin machte aber wie Trainer Ralf Rangnick, der bei Schalke 04 erschöpft zurücktrat, oder der aus dem gleichen Grund bei Hannover 96 pausierende Torhüter Markus Miller seine Sorgen öffentlich. Nach dem Selbstmord des depressiven Nationaltorwartes Robert Enke im November 2009 gibt es damit nun mehrere prominente Sportler, die ihre Krankheit nicht mehr verschweigen.

Fenin hatte am Sonntag beim Cottbuser 1:0-Sieg beim FSV Frankfurt gefehlt, weil er tags zuvor mit einer Gehirnblutung ins Cottbuser Carl-Thiem-Klinikum eingeliefert werden musste. Dort befindet sich der erst am 31. August von Ligakonkurrent Eintracht Frankfurt bis 2014 verpflichtete Fußballer noch immer. Inzwischen ist sein Zustand stabil. Davon konnten sich der Cottbuser Trainer Claus-Dieter Wollitz und Vereinssprecher Lars Töffling am Montag bei einem Besuch überzeugen. „Er hat einen ordentlichen Eindruck gemacht. Martin konnte sitzen und sich aufrecht halten“, sagt Töffling. „Er wirkte aber psychisch labil und geschockt.“

An die Situation vor der Gehirnblutung kam sich Martin Fenin nicht mehr erinnern. Zu Spekulationen, dass sich Fenin im Rausch die Kopfverletzung bei einem Sturz zugezogen haben soll, will sich der Verein nicht äußern. Gehirnblutungen können durch Unfälle, aber auch durch das Platzen von Gefäßen eintreten.

Angesichts des Bewusstseins, dem Tod knapp entronnen zu sein, will Fenin nun andere Probleme nicht mehr verdrängen. „Ich bin endlich zu der Erkenntnis gekommen, dass ich mein Krankheitsbild nicht mehr allein in den Griff bekomme. Das Gefühl der Resignation, der Einsamkeit mit Depressionsschüben begleitet mich schon seit mehreren Monaten“, wird Fenin zitiert. „Die vorübergehende Flucht in Medikamente und Suchtmittel verschlimmerte diesen Zustand und gipfelte nun in der alarmierenden Diagnose.“

Noch ist offen, wo und wie die Behandlung des sonst so selbstbewusst wirkenden Spielers weitergeht. Vor sieben Wochen galt er noch als Hoffnungsträger im Sturm. „Ich bin nicht mehr 18 Jahre alt, ich habe schon viel Erfahrung“, sagte Fenin Anfang September. „Ich möchte natürlich viele Tore schießen. Aber ich werde nicht verrückt, wenn es nicht gleich klappt. Das Wichtigste ist, dass ich wieder Spielfreude bekomme.“

Dass er in vier Einsätzen für Cottbus noch nicht erfolgreich war, erscheint nun in einem anderen Licht. Bei seinem vorherigen Verein Frankfurt zeigt man sich von Fenins Zustand überrascht. Probleme mit dem Alkohol soll der allein lebende Fenin aber auch schon in Frankfurt gehabt haben. Der Tscheche hatte dort unter anderem einen Autounfall, beim Grillen ging sein Balkon in Flammen auf und bei der tschechischen Nationalmannschaft war er an einer Kneipenschlägerei beteiligt.

Fenin, Sohn einer tschechischen Arztfamilie, machte bei der U-20-WM 2007 früh auf sich aufmerksam, kam 2008 nach Frankfurt und erzielte im ersten Spiel gleich drei Tore. Doch in den Jahren danach plagten ihn Form- und Verletzungsprobleme. Nach dem Abstieg wurde er aussortiert und ging nach Cottbus.

Mit intensiver ärztlicher Hilfe will sich Fenin nun auf den Rasen zurückkämpfen. „Martin hatte Glück im Unglück, das sollte ihm Mut machen für die bevorstehenden Wochen und Monate. Die werden hart für ihn“, sagte Wollitz. „Er will es vor allem sich selbst beweisen.“

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