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Der Berliner Björn Werner, 23, könnte als erster Deutscher überhaupt beim Draft der US-Profiliga NFL in der ersten Runde gewählt werden. Foto: AFP

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Football-Hoffnung Björn Werner im Interview: „Im NFL-Draft kann viel passieren“

In der Nacht zu Freitag werden beim NFL-Draft die besten Nachwuchsspieler von Teams der US-Profiliga unter Vertrag genommen. Mit dabei ist auch Björn Werner aus Berlin - und er gilt als einer der begehrtesten Kandidaten. Im Interview spricht er über die Spannung vor dem großen Schritt in den Profisport.

Der Berliner Björn Werner, 22, könnte als erster Deutscher überhaupt beim Draft der US-Profiliga NFL in der ersten Runde gewählt werden. Der bislang höchste Draft-Pick war Sebastian Vollmer (Nummer 58, New England Patriots) im Jahr 2009. Im vergangenen Jahr wurde Markus Kuhn als Nummer 239 von den New York Giants gewählt.

Der Defensive End Werner begann seine Karriere bei den Berlin Adlern und spielte zuletzt für die Florida-State-University. Beim Draft (Donnerstag, 20.00 Uhr Ortszeit in New York) werden insgesamt 254 Nachwuchsspieler aus den College-Ligen von NFL-Klubs unter Vertrag genommen, dabei darf das schlechteste Team der Vorsaison (Kansas City) jeweils als erstes wählen, Champion Baltimore als letztes. Björn Werner ist als einer von nur 23 der Kandidaten persönlich zur Draft-Gala eingeladen worden.

Björn Werner, am Donnerstag ist der NFL-Draft und Sie gelten als einer der begehrtesten Kandidaten. Sind Sie schon aufgeregt?

Ja total, aber es ist positive Aufgeregtheit. Ich freue mich riesig. Es ist vor allem das Gefühl, dass ich es endlich geschafft habe. Dass ich endlich in der NFL spielen werde. Sechs Jahre harte Arbeit auf Highschool und College zahlen sich jetzt aus. Noch viel aufgeregter als ich sind allerdings meine Frau und meine Familie.

Die werden dann sicherlich den Draft auch mitverfolgen und live im Fernsehen schauen?

Meine Familie ist sogar extra aus Berlin angereist, um in New York live dabei zu sein. Meine Eltern, meine beiden Brüder, meine Großmutter, auch die Familie meiner Frau und mein bester Freund. Und der Rest der Familie wird bestimmt die Nacht vor dem Fernseher verbringen.

Anfang Januar hatten Sie ihr letztes Spiel für die Florida-State-University, kurz darauf haben Sie bekannt gegeben, das College frühzeitig zu verlassen, um am Draft teilzunehmen. Was ist seitdem geschehen?

Zuerst bin ich nach Bradenton in den Süden Floridas und habe dort acht Wochen lang mit 40 anderen Spielern aus dem Draft trainiert. Da waren praktisch alle großen Namen dabei. Danach gab es das „Combine“, eine Art Schautraining, bei dem sich die Draft-Teilnehmer den Coaching-Teams der NFL vorstellen und verschiedene Leistungstests machen. Dann war der „Pro-Day“.

Ein weiterer Sichtungstermin, wo man von den NFL-Coaches unter die Lupe genommen wird.

Genau. Und ab dem Pro-Day dürfen die Teams einen dann auch persönlich kontaktieren und besuchen. Es kamen Leute von vier verschiedenen Klubs zu mir nach Florida, außerdem bin ich selbst zu welchen hingeflogen, um mir Stadt und Verein genauer anzuschauen.

Zu welchen?

Das möchte ich lieber nicht sagen, manche Teams sehen es nicht so gerne, wenn das im Vorfeld ausgebreitet wird.

Werden bei diesen Treffen auch schon konkrete Verhandlungen geführt?

Nein, es geht da eher ums Kennenlernen. Man sitzt zusammen, schaut Footballvideos, die Coaches stellen Fragen und testen das Spielverständnis.

Hat sich da eine Tendenz abgezeichnet, welches Team Sie wählen wird?

Das entscheidet sich erst in der Nacht des Drafts, da kann viel passieren. Ich weiß von anderen Spielern, dass man oft auch von einem Team gewählt wird, das vorher kein Interesse gezeigt hat. Da ist viel Taktieren dabei, einige wollen die anderen nicht wissen lassen, welche Spieler sie im Visier haben. Oder anders herum wird Interesse auch mal vorgetäuscht.

Glauben Sie, dass Sie eventuell skeptischer beurteilt werden, weil Sie aus Deutschland kommen und erst im vergleichsweise späten Alter mit American Football angefangen haben?

Ich kann mir schon vorstellen, dass ein paar Leute so denken. Aber letztlich ist das kein so großes Thema mehr wie noch vor ein paar Jahren. Es gibt inzwischen einige Profispieler, die vorher sogar noch weniger Erfahrung hatten als ich. Heutzutage geht es eher um Potenzial und viele Coaches haben den Ehrgeiz, einen ungewöhnlichen Spieler zu entdecken und ihn zum Superstar zu machen.

In den US-Medien ist der Draft ein Riesenthema, Experten spekulieren seit Monaten darüber, wer von welchem Klub an welcher Stelle gewählt werden könnte. Sie wurden teilweise schon als Pick Nummer Zwei gehandelt, von anderen wiederum erst als Nummer 30. Verfolgen Sie diese Spielereien?

Ich versuche es nicht zu tun, aber es läuft alles ständig im Fernsehen, da kommt man auch nicht komplett drum herum. Es regt mich aber nicht sonderlich auf. Am Ende weiß ich selbst am besten, mit wem ich rede und wie gut meine Chancen stehen.

Und wie wichtig wäre es Ihnen, früh gewählt zu werden?

Aus finanzieller Sicht ist es so: Je früher ich gewählt werde, desto besser der Vertrag. Aber so oder so wird es mehr Geld sein, als ich jemals hatte, von daher ist das nicht so wichtig. Und anders herum ist es bei einer späteren Wahl wahrscheinlicher, in einem besseren Team zu landen.

Und was wäre sportlich die reizvollere Aufgabe für Sie? Als früher Pick von einem Klub gewählt zu werden, bei dem mit jungen Spielern etwas Neues aufgebaut werden soll? Oder lieber später gewählt werden und dafür gleich bei einem Topteam zu landen, wo Sie auf Anhieb um den Titel mitspielen könnten?

Das Gute an diesem System ist ja, dass immer wieder andere Klubs oben stehen. Da sagt es gar nicht so viel aus, welche Platzierung eine Mannschaft in der Vorsaison hatte. Es gibt also Teams, die sich gerade im Aufbau befinden. Wenn ich dort lande und mithelfen kann, freue ich mich. Gleich zu einem aktuellen Topteam zu kommen, wäre natürlich auch geil. Ich zerbreche mir aber nicht groß den Kopf darüber, damit machst du dich nur verrückt. Ich freue mich einfach darauf, dass das lange Warten bald vorbei ist und ich dann tatsächlich Football-Profi bin.

Das Gespräch führte Axel Gustke

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