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© AFP

Football: New England Patriots vor der perfekten Saison

Nur noch drei Siege: Die Saison 2007 könnte die Krönung für das Team aus Boston werden, das die NFL des neuen Jahrtausends mit bisher drei Superbowl-Siegen dominiert.

Anthony Smith bereut es seit Sonntag sicher bitterlich, dass er nicht seine Klappe halten konnte. „Garantiert“, hatte der Verteidiger in der vergangenen Woche gesagt, würden seine Pittsburgh Steelers die einzigartige Serie der New England Patriots beenden. Alle zwölf Saisonspiele hatte das Team der American-Football-Liga NFL zuvor gewonnen. Seit Sonntag lautet die Bilanz 13:0 – mit 34:13 servierten die Patriots die Steelers ab –, und von Smith, der bei zwei Touchdowns gegen sein Team äußerst ungelenk wirkte, ist seither nicht mehr viel zu hören.

Die Provokation hatte die Patriots erst so richtig angestachelt. Sollten nach den vergleichsweise knappen Siegen gegen Baltimore und Philadelphia Zweifel daran aufgekommen sein, dass die Patriots die überragende Mannschaft der Liga sind, sind diese nun wohl endgültig ausgeräumt. Bei noch drei Spielen in der regulären Saison stehen die Chancen gut, dass New England das erste Team seit den legendären Miami Dolphins von 1972 wird, das alle Saisonspiele gewinnt. „Ich sehe niemanden, der die Patriots gefährden kann“, sagte Jim Mandich, einer der Spieler, der mit den Dolphins die bis heute legendäre „Perfekte Saison“ spielte. „Sie sind dem Rest der Liga komplett enteilt.“

Die Saison 2007 könnte die Krönung für das Team aus Boston werden, das die NFL des neuen Jahrtausends mit bisher drei Superbowl-Siegen dominiert. Besonders bemerkenswert ist diese Überlegenheit deshalb, weil die Liga-Regularien seit rund zehn Jahren eigentlich so ausgelegt sind, dass keine Mannschaft mehr überragen kann. Um Ausgeglichenheit herzustellen und Spannung zu garantieren, hat die NFL in den Neunzigern den sogenannten Salary-Cap eingeführt – eine Regel, die Spielergehälter begrenzt. Seither ist es so gut wie unmöglich, sich ein Superstarensemble zusammenzukaufen. Doch Patriots-Coach Bill Belichick, dem Sportfans in Amerika ob seiner Genialität sowie seiner Erfolgsbesessenheit eine Mischung aus Bewunderung und Abscheu entgegenbringen, hat einen Weg gefunden, das Salary-Cap zu überlisten.

Belichicks Trick ist, ein gutes Auge für unterbewertete Talente zu haben. Stets gelang es ihm sowohl beim Draft – der jährlichen Auktion der Neuprofis – als auch bei Verpflichtungen gestandener Profis, Spieler preiswert einzukaufen, die dann in Boston aufblühten. Die Verteidiger Ty Law und Mike Vrabel waren in den vergangenen Jahren die berühmtesten Beispiele dieser Strategie. Hinzu kommt, dass Belichicks Spielsystem flexibel ist – jeder auf dem Feld ist ersetzbar und weiß das.

Die einzige Ausnahme dieser Regel ist freilich Tom Brady, der Spielmacher und Leader des Teams. Dabei war er auch so einer, dessen volles Potenzial nur Belichick erkannte. Er wurde seinerzeit als Neuprofi erst in der sechsten Draft-Runde engagiert, als die vermeintlichen neuen Stars schon längst ihre Millionenverträge mit anderen Teams unterschrieben hatten. Jetzt steht Brady kurz davor, einer der besten Quarterbacks aller Zeiten zu werden. Drei Titel hat er bereits und steuert auf seinen vierten zu. In dieser Saison fehlen ihm zum Rekord von 49 Touchdown-Pässen in einer Saison nur noch vier. Er müsste sich schon den Arm brechen, um das nicht zu schaffen.

Als letzter wirklich schwieriger Gegner auf dem Weg zur Rekordsaison gelten nur noch die New York Giants. Die New York Jets, der Gegner des kommenden Wochenendes, dürften hingegen spielerisch kein Hindernis werden. Dennoch liegt vor der Partie ein Knistern in der Luft: Die Jets hatten Belichick zu Beginn des Jahres gemeldet, weil dieser mit einer Videokamera illegal Signale aufnehmen ließ, die die Jets-Trainer an ihre Spieler gaben. Belichick musste eine halbe Million Dollar Strafe zahlen. Nicht wenige glauben, dass diese Schmach die Patriots zu ihrem Triumphzug erst angestachelt hat. Anthony Smith gehört nun vermutlich auch zu den Anhängern dieser Theorie – seit Sonntag weiß er jedenfalls, dass man die Patriots lieber nicht provozieren sollte.

Sebastian Moll[New York]

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