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Wieder ganz vorne: Sebastian Vettel jubelt in Sepang über den ersten Saisonsieg.

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Update

Formel 1: Dicke Luft bei Red Bull trotz Sieg

Weltmeister Sebastian Vettel ignoriert bei seinem Sieg in Malaysia Team-Anweisungen und überholt seinen Red-Bull-Stallrivalen Mark Webber. "Ich habe Mist gebaut", sagt er anschließend. Auch bei Mercedes gibt es Ärger um die Stallregie.

Selten gab es auf einem Siegerpodest mehr versammeltes Leid zu sehen als am Sonntag nach dem Großen Preis von Malaysia. Da standen drei Fahrer, der eine verärgert, die beiden anderen peinlich berührt bis verlegen, und irgendwo in der Boxengasse lief noch ein vierter Pilot herum, der genau wusste, dass er da eigentlich hingehört hätte. Nach dem Doppelsieg der Red-Bull-Piloten Sebastian Vettel und Mark Webber vor dem Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton wurden die Champagnerflaschen nur pflichtschuldig geköpft. Es war die Stallregie, die bei den beiden Top-Teams für dicke Luft sorgte. Weltmeister Vettel hatte sich nach dem letzten Boxenstopp nicht an die Anweisung gehalten, hinter Mark Webber zu bleiben, um den Teamerfolg nicht zu gefährden. Der viertplatzierte Rosberg war hingegen brav hinter Hamilton geblieben, wie es sein Mercedes-Team verfügt hatte. Glücklich war am Ende keiner.

Eigentlich hätte sich zumindest Vettel freuen müssen, schließlich hatte er die WM-Spitze übernommen, während sein großer Rivale Fernando Alonso im Ferrari früh ausgeschieden war. Doch dem dreimaligen Weltmeister ging schnell auf, dass er mit seiner Aktion die erste richtige Kontroverse seiner Karriere ausgelöst hatte. „Ich habe Mist gebaut“, gab er nach seinem 27. Sieg in der Formel 1 zu. „Das war nicht richtig, es tut mir leid, ich möchte mich auch dafür entschuldigen.“ Doch so richtig ernst war es ihm damit wohl nicht. Er beteuerte, das Ganze sei nicht absichtlich passiert, er habe da womöglich die entsprechende Anweisung nicht richtig verstanden. Dabei hatte Vettel laut Teamchef Horner mehrere eindeutige Funksprüche erhalten, zudem war das Prozedere laut Webber schon vor dem Start festgelegt worden.

Auch Vettels Ziehvater Helmut Marko tat sich schwer, Verständnis aufzubringen. „Sebastian war halt schon etwas sauer, dass er durch die unterschiedlichen Reifenstrategien am Anfang hinter Mark geraten ist, obwohl er eigentlich schneller war“, sagte der Red-Bull-Sportkoordinator. Als er nach Webbers letztem Boxenstopp plötzlich wieder direkt hinter seinem Teamkollegen lag, habe er eben seine Chance gewittert und sei „außer Kontrolle geraten“.

Eine Affekthandlung ist eine Erklärung, aber nicht die einzige. Denn es gibt eine Vorgeschichte: Vettel hat bestimmt nicht vergessen, dass ihn sein Teamkollege beim letztjährigen WM-Finale in Brasilien am Start ziemlich unnötig angegriffen und in Schwierigkeiten gebracht hatte. Auch Christian Horner wies darauf hin. „Im Prinzip passieren solche Dinge immer wieder, überall und in allen Teams“, sagte der leidgeplagte Red-Bull-Teamchef. „Nur ist es halt nicht immer so offensichtlich wie heute. Damals in Brasilien hatte Mark auch Anweisung, Sebastian auf keinen Fall zu attackieren – und er hat sich nicht daran gehalten.“ Rennfahrer seien nun mal so: „Wenn sie im Auto sitzen, dann wollen sie gewinnen. Und je besser sie sind, desto stärker ausgeprägt ist diese Eigenschaft.“ Der Frage, ob Vettel denn bei der nächsten Situation einen Sieg zurückgeben müsse, wich Horner aus. „Mal sehen. Ich werde auf jeden Fall noch einmal mit ihm reden.“ Von einem Vertrauensverlust zwischen seinen beiden Piloten wollte er nicht reden. schon deshalb, „weil es ganz ehrlich spätestens seit Istanbul 2010, als die beiden sich ins Auto gefahren sind, gibt es da sowieso nicht mehr viel Vertrauen“. Während die Situation bei Red Bull also durch die andauernden Spannungen zwischen Vettel und Webber eskaliert war, sah es bei Mercedes anders aus. Dort hatte Rosberg Hamilton nicht überholen dürfen, obwohl der Brite wirklich sehr langsam fahren musste, weil man ihm offenbar etwas zu wenig Benzin mitgegeben hatte. Hamilton machte schon auf dem Siegerpodest verschämt klar, „dass eigentlich auch Nico hier oben stehen müsste, er war schneller als ich“.

Die Kritik traf deswegen die Teamführung, zumal sich die Entscheidungsträger auch nicht einig waren und sich bei der Begründung fürchterlich wanden. Den Befehl „Positionen halten“ hatte Teamchef Ross Brawn gegeben, der an der Boxenmauer das Kommando führt. Das sei „nicht das, was wir sehen wollen“, räumte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff zwar ein, schob aber als Grund hinterher, dass man auch bei Rosberg Spritprobleme befürchtet habe. Darüber schüttelte Rosberg nur den Kopf. „Ich musste nicht Sprit sparen, es war alles im grünen Bereich“, sagte er. Anfangs hatte er sich noch sehr brav und verständnisvoll gegeben und den Teamerfolg hervorgehoben. Mit etwas Abstand dämmerte ihm aber, dass er sich mit solchen Aktionen auf Dauer in den Nummer-zwei-Status im Team abdrängen lassen würde. Deswegen betonte er: „Ich habe es akzeptiert, aber nicht eingesehen. Beim nächsten Mal werde ich kämpfen.“ Die klarsten Worte sprach Niki Lauda als Aufsichtsratsmitglied des Formel-1-Teams. Er kritisierte Brawns Anweisung: „Aus sportlicher Sicht war das falsch. Man hätte sie fahren lassen sollen.“ Für einen ähnlichen Fall kündigte Wolff immerhin Wiedergutmachung an: „Dann fährt der Nico vor dem Lewis.“

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