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Alonso

© dpa

Formel 1: Getrennt auf Partnersuche

Nach der Scheidung im Streit planen Formel-1-Star Fernando Alonso und dessen einstiger Rennstall McLaren-Mercedes die Zukunft.

Berlin - Patrick Head darf für sich reklamieren, eine der größten Skurrilitäten in einem in dieser Hinsicht sicherlich nicht armen Formel-1-Jahr verantwortet zu haben. Der Anteilseigner des Rennstalls Williams schlug dem Konkurrenten McLaren-Mercedes nach der Trennung vom zweifachen Weltmeister Fernando Alonso vor, doch einfach Michael Schumacher aus der Rente zu holen. „Michael ist noch fit. Und ich nehme an, dass es für ihn langweilig ist, nur an der Boxenmauer zu sitzen.“ Der Rekordweltmeister wird tatsächlich wieder ins Auto steigen – allerdings nur bei einer Testfahrt Mitte nächster Woche für den Konkurrenten Ferrari. Im McLaren-Mercedes wird Schumacher in diesem Leben wohl nicht mehr zu sehen sein. „Das Thema ist nicht ernst zu nehmen“, sagt Norbert Haug, der Motorsportchef von Mercedes.

Ein wenig Ernst aber begleitet auch den größten Witz. So darf interpretiert werden, ob im Unterton der süffisanten Anmerkung Heads nicht vor allem die Angst mitschwang, die größte Wertanlage seines Rennstalls zu verlieren. Nico Rosberg jedenfalls gilt nicht nur seinem Chef Frank Williams als „künftiger Champion“ und aus diesem Grund inzwischen auch als aussichtsreichster Kandidat auf den freien Platz an der Seite seines Freundes Lewis Hamilton bei McLaren. Die Kandidatenliste sei „nicht so lang“, sagt Haug. „Wir wollen den schnellsten verfügbaren Fahrer haben. Wenn ein Deutscher das Potenzial hat, warum nicht?“ Seine Schnelligkeit hat der 22 Jahre alte Rosberg bereits eindrucksvoll demonstriert – die Frage ist, ob er angesichts eines Vertrages mit Williams als verfügbar gelten darf. Haug: „Verfügbar heißt, dass ein Fahrer verfügbar sein muss – ob er einen Vertrag hat oder nicht.“ Die Einstufung hängt in diesem Fall also vermutlich von der Höhe der zu zahlenden Ablösesumme ab.

Zumindest Heikki Kovalainen ist uneingeschränkt verfügbar. Der Finne steht trotz einer guten Saison noch immer ohne Anschlussvertrag bei Renault da, weil Teamchef Flavio Briatore auf eine Rückkehr Alonsos hofft. Er hat dem Spanier einen langfristigen Vertrag angeboten, doch Alonso zögert. Er favorisiert laut Briatore eine Übergangslösung für eine Saison, um dann 2009 für sein Wunschteam Ferrari frei zu sein. Das macht für Briatore allerdings „keinen Sinn“, weswegen Alonso das kommende Jahr durchaus im Red Bull oder im Toyota überbrücken könnte. Mit den Japanern soll der 26-Jährige laut dem Toyota-Piloten Jarno Trulli bereits verhandelt haben.

Als Alonsos Nachfolger bei McLaren-Mercedes brachte Lewis Hamilton neben Kovalainen und Rosberg auch den deutschen Piloten Adrian Sutil, der im Spyker eine starke Saison fuhr, ins Gespräch. Sutil sei wie die beiden anderen ein „Teamplayer“, den er sich nach den Scharmützeln mit Alonso nun wünscht. Die Motivation hinter diesen Vorschlägen dürfte neben der Sehnsucht nach Harmonie auch die sein, dass der Engländer sich allen drei noch recht unerfahrenen Piloten im Team gegenüber im Vorteil wähnt und sich dadurch einen inoffiziellen Nummer-1-Status erhofft.

Einem solchen Ansinnen erteilt die Teamführung eine klare Absage. „Klar wollte Lewis die Teamfähigkeit nach den Erfahrungen, die er gemacht hat, in den Vordergrund stellen“, sagt Haug. „Aber das ist kein Wunschkonzert.“ Man wolle zwei gleichstarke Fahrer, die sich „wechselseitig zu Höchstleistung treiben“. Eine Abkehr von der Politik der Gleichberechtigung der Piloten werde es „absolut“ nicht geben, obwohl dies in der abgelaufenen Saison auch zu einem erbitterten internen Kampf geführt hatte, der in der vorzeitigen Trennung von Alonso und dem Verlust beider WM-Titel resultierte.

Und daran wird sich wohl auch nichts ändern. Zwar steht am 15. November noch die Verhandlung des McLaren-Protests gegen die Wertung der BMW- und Williams-Autos beim letzten Saisonlauf in Brasilien an. Das Team allerdings macht sich keine Hoffnungen darauf, dass Hamilton durch die nachträgliche Disqualifikation der Konkurrenz wegen zu kalten Benzins doch noch anstelle des Ferrari-Piloten Kimi Räikkönen zum Weltmeister ernannt wird. Durch Absprachen im Hintergrund haben sich die Formel-1- Größen wohl längst darauf geeinigt, nicht auch noch den Fahrertitel am Grünen Tisch zu vergeben. „Das passiert sowieso nicht, da machen wir uns gar keine Gedanken darüber“, sagt Norbert Haug. „Wir nehmen uns lediglich die Freiheit zu fragen, wie das Reglement ausgelegt wird.“

Christian Hönicke

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