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Formel 1: Vier gegen Sebastian Vettel

Die Saison droht vorzeitig entschieden zu werden. Wer kann Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel noch abfangen? Das Quartett der Jäger im Expertencheck.

Viele Leute in der Formel 1 haben derzeit nicht viel anderes zu tun, als Argumente gegen Sebastian Vettel zu sammeln. Die Dominanz des jungen Weltmeisters hat schon vor dem achten Saisonrennen an diesem Wochenende in Valencia die Frage hervorgebracht, wie Vettels zweiter Titel in Folge noch zu verhindern ist. Doch trotz der kurzfristigen technischen Regeländerungen, die Vettels Red Bull einbremsen sollen, sind sich die Experten weitgehend einig: Es wird sehr schwer, den 23-Jährigen noch abzufangen. „Es ist immer schwierig, jemanden noch zu schlagen, der in der Anfangsphase der Saison einen so großen Vorsprung herausgeholt hat“, meint etwa der 13-malige Grand-Prix-Sieger und jetzige DTM-Pilot David Coulthard. Auch der frühere Teamchef und jetzige Experte der BBC, Eddie Jordan, sieht „grundsätzlich wenig Chancen für die Verfolger von Sebastian, weil sie sich ständig gegenseitig die Punkte wegnehmen“.

Die Rede ist von Jenson Button, Mark Webber, Lewis Hamilton und Fernando Alonso. Das Quartett ist im Moment in dieser Reihenfolge hinter Vettel (161 WM- Punkte) aufgereiht. Button hat als bester des Verfolgerfelds 60 Punkte Rückstand, Alonso als Fünfter schon 92. Der McLaren-Fahrer Button (101 WM-Punkte) gilt trotz seines Siegs in Kanada bei den Experten nicht unbedingt als der große Favorit bei der Jagd nach Vettel. „ Jenson ist in dieser Saison schon ein paar unglaublich gute Rennen gefahren. Aber irgendwie habe ich trotzdem das Gefühl, dass ihm auf Dauer sein Teamkollege Lewis Hamilton diesen kleinen, aber entscheidenden Schritt voraus ist“, sagt Jordan. Buttons besondere Stärke liege darin, dass er sein Auto sehr gut abstimme, „deshalb kann er gerade unter schwierigen Bedingungen immer glänzen. Was ihm aber ein bisschen fehlt, ist dieser absolute Killerinstinkt, wie ihn Lewis oder Alonso haben.“

Lewis Hamilton (85 WM-Punkte) trauen viele noch am ehesten zu, Vettel gefährden zu können, weil er schnell ist und ein schnelles Auto hat. „McLaren ist ein Team mit einem extrem hohen Entwicklungspotenzial“, sagt Bruno Senna, Testfahrer bei Lotus-Renault. „Und Lewis ist ein Fahrer, der in jedem Rennen wirklich immer das Allerletzte herausholen kann und sich immer am Limit bewegt.“ Er sei im Qualifying normalerweise schneller als Button. „Aber er steht jetzt natürlich unter dem Druck, dass alles immer komplett zusammen passen muss, und das macht die Sache extrem schwierig.“ Unter diesem Druck ging Hamilton in den letzten beiden Rennen in Monaco und Montreal entschieden zu aggressiv zu Werke und handelte sich bei seinen diversen Rempeleien den Ruf des Formel-1-Rowdys ein.

Rein fahrerisch hält der frühere Rennfahrer Christian Danner den Ferrari-Piloten Fernando Alonso (69 WM-Punkte) für den Stärksten. „Er hat schon zwei WM-Titel und ist unglaublich abgebrüht und sehr entschlossen, aber dabei etwas kontrollierter als etwa Hamilton.“ Der Spanier erinnert Danner an einen Tiger: „Er lauert immer irgendwo, fährt und fährt und fährt, man denkt, er fährt ganz normal, und auf einmal ist er da, schlägt zu und dann hat er die Maus oder das Karnickel gefressen.“ Ihn müsse man immer auf dem Schirm haben, „was der mit einer unglaublichen Brutalität aus einem Auto herausholen kann, ist einmalig“. Das zeigte der Spanier auch am Freitag in Valencia, als er vor Hamilton, Vettel und Mercedes-Pilot Michael Schumacher im zweiten Freien Training Bestzeit fuhr. Aber er sei wie jeder Fahrer von seinem Auto abhängig, sagt Danner, und „wenn sein Ferrari zu wenig Anpressdruck hat, kann auch ein Alonso nichts mehr machen“.

Als letzter in der Reihe taucht bei den meisten Mark Webber auf. Der Australier (94 WM-Punkte) darf zwar ebenfalls das schnellste Auto im Feld fahren, dass er seinem Teamkollegen Vettel den Titel noch entreißen kann, glaubt aber kaum jemand. Noch nicht einmal der ihm sehr wohlgesonnene David Coulthard, der mit ihm bei Red Bull fuhr, bis 2009 Vettel kam. „Der größte Unterschied zwischen ihm und Sebastian ist im Moment das Qualifying. Und wenn du erst mal in der besseren Ausgangsposition bist, dann ist es halt auch leichter, Rennen zu gewinnen.“ Außerdem sei es inzwischen für Webber sicher frustrierend, „wenn er merkt, dass er immer weiter hinter Sebastian zurückfällt“. Dieses Schicksal allerdings könnte bald auch die anderen Jäger ereilen.

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