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Sport: Frau Rumsas und der Medikamentenkoffer

Die französische Polizei nimmt die Frau des Tour-Dritten mit Doping-Mitteln fest

Paris (Tsp). Fast hätten es die Teilnehmer der Tour de France 2002 geschafft, sich ohne Doping-Fall ins Ziel zu retten. 369 Blutkontrollen hatte es während der Fahrt durch Frankreich gegeben, alle waren negativ ausgefallen. Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc wertete dies als Hinweis, dass 99 Prozent aller Fahrer sauber seien. Doch nun wurde Edita Rumsas, die Frau des Drittplatzierten Raimondas Rumsas, am Montag an der Grenze in Chamonix von der französischen Polizei mit Doping-Medikamenten festgenommen. „Enorm viele Produkte sind im Auto der Frau sichergestellt worden“, heißt es in einer Justizerklärung, „Steroidhormone, Testosteron und Epo, als Tabletten und injizierbar.“ Raimondas Rumsas wurde noch am Montag von seinem italienischen Rennstall Lampre-Daikin suspendiert. Nun hat auch die Tour de France 2002 ihren Dopingfall.

Rumsas droht nicht nur die Entlassung, sondern auch die Aberkennung seines dritten Platzes im Gesamtklassement der Tour. „Wenn er beteiligt ist, wird er seinen dritten Platz verlieren“, sagte Tour-Organisationsmitglied Daniel Baal. „Sollte sich herausstellen, dass er die Verantwortung trägt, wird er sofort entlassen“, gab der Lampre-Rennstall bekannt. Der Präsident des Welt-Radsportverbandes (UCI), Hein Verbruggen, und Direktor Jean-Marie Leblanc seien unverzüglich informiert worden, schrieb das Team. Edita Rumsas befand sich am Montag in Lyon in Polizeihaft. Am Tag zuvor durchsuchte die französische Polizei auch die Hotelzimmer des Lampre-Daikin-Teams in Paris. Allerdings fanden die Beamten nichts, was allerdings auch nicht verwundert. Die Zimmer waren zwar bezahlt, jedoch von dem Team nie bezogen worden. Was den Lampre-Rennstall nicht gerade vom Doping-Verdacht entlastet.

Raimondas Rumsas war die positive Überraschung bei der Tour de France, die am Sonntag in Paris zu Ende ging. Tour-Chef Leblanc sagte jetzt über den Litauer: „Er stand nicht in dem Ruf, bei der Tour de France einen Platz auf dem Podium zu bekommen. Wenn Frau Rumsas die Medikamente ihres Mannes bei sich hat, müssen die Polizei oder der Zoll ihre Arbeit machen.“ Der in Italien lebende Rumsas hatte bei seiner Premiere auf der Frankreich-Rundfahrt sofort den dritten Platz hinter dem Amerikaner Lance Armstrong und dem Spanier Joseba Beloki belegt.

Die bislang größten Erfolge des Bauernsohnes aus dem litauischen Dorf Silute, der Ende 2001 zum Lampre-Daikin-Team gekommen war, war der Sieg bei der Lombardei-Rundfahrt und ein fünfter Platz bei der Vuelta im vergangenen Jahr. Rumsas fuhr einige Zeit auch für das polnische Team Mroz, das schon häufiger in Doping-Affären verwickelt war. Bei Edita Rumsas wurden am Sonntag angeblich auch zwei auf Polnisch verfasste Rezepte gefunden.

In der französischen Presse beherrschte indes Lance Armstrong die Schlagzeilen. Der Amerikaner wurde für seinen vierten Tour-Sieg hintereinander gebührend gewürdigt, doch die große Begeisterung wollte angesichts der Dominanz des Tour-Triumphators nicht aufkommen. Der 30-jährige Armstrong konnte mit seiner Liebeserklärung an die Tour nicht ändern, dass die Franzosen ihre größten Liebesbeweise für Landsleute reservieren wie Bergkönig Laurent Jalabert oder Doping-Sünder und Etappensieger Richard Virenque.

Deshalb hatte Lance Armstrong nach seinem Zeitfahrsieg auch gescherzt: „Heute habe ich mich einfach gut gefühlt - heute war ich gedopt, wie ihr hier sagen würdet“ Nach der Verhaftung von Frau Rumsas dürfte er sich solche Scherze noch einmal gut überlegen.

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