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Sport: Frech spielt besser

Bartosz Karwan ist bei Hertha auf dem Weg in die Stammelf

Berlin. Am vergangenen Wochenende, auf dem Flug von Düsseldorf nach Berlin, hat Dieter Hoeneß neben Bartosz Karwan im Flugzeug gesessen. Beide haben sich ein bisschen unterhalten – so weit das möglich war. Der Pole, Mittelfeldspieler von Hertha BSC, lebt seit dem Sommer in Berlin. Zweimal in der Woche nimmt er Deutschunterricht, manchmal, wenn es der Trainingsplan zulässt, sogar dreimal. Doch Karwan ringt noch mit der fremden Sprache. Immerhin: Fortschritte sind inzwischen erkennbar, auch wenn manche das nicht recht glauben mögen, weil Karwan wenig redet. „Der lernt schon“, sagt Manager Dieter Hoeneß. „Allerdings ist er ein vorsichtiger Mensch, der keine Fehler machen will.“

Vielleicht ist das ein bisschen das Problem von Bartosz Karwan. Auch auf dem Fußballplatz konnte man sehr schnell den Eindruck gewinnen, dass Karwan vor allem ein Ziel hat: keine Fehler zu machen. Doch dafür hat Hertha vor der Saison nicht 500000 Euro an Legia Warschau gezahlt. „Es reicht nicht zu wissen, dass er es kann“, sagt Manager Hoeneß. „Wir wollen es auch sehen.“ Vielleicht ist Karwan, der von sich selbst sagt, dass er „ein eher ruhiger Mensch“ sei, schon mit der falschen Einstellung nach Berlin gekommen. „Ich bin von nichts Großem ausgegangen“, sagt er. Schließlich hätten schon viele polnische Nationalspieler in der Bundesliga ähnliche Anfangsprobleme gehabt. Karwan, der nur wegen einer Verletzung die Weltmeisterschaft in Japan und Korea verpasst hat, musste sich erst daran gewöhnen, dass es in Deutschland schon beim Training richtig zur Sache geht, „in Polen haben wir im Training viel mehr gespielt“.

Jetzt, im Training, darf Karwan in der richtigen Gruppe mitspielen. Wenn Maas, Marx, Madlung und ein paar andere die Übungseinheit mit einem gemütlichen Fünf-gegen-zwei-Spielchen am Rande des Platzes und der Aufmerksamkeit des Trainers ausklingen lassen, ist Karwan bei den Hauptfiguren des Kaders dabei, die sich auf den Ernstfall vorbereiten. Der Ernstfall heißt Borussia Dortmund, und, so wie es aussieht, könnte Karwan am Samstag im Olympiastadion (15.30 Uhr) gegen den Deutschen Meister tatsächlich zur Anfangself gehören.

Manager Hoeneß und Trainer Huub Stevens haben in letzter Zeit jedenfalls auffallend positiv über den Zugang gesprochen. Hoeneß findet, dass man „die erkennbaren Vorwärtsbewegungen genauso kommentieren“ sollte, wie er vorher den Stillstand beklagt hat. „Dass wir mit seinen Vorstellungen nicht zufrieden waren, ist ja nichts Neues“, sagt er.

Hoeneß und Stevens haben es auf die subtile Art versucht, haben Karwan bewusst zu den Amateuren in die vierte Liga delegiert – und auf eine Reaktion gehofft: dass er sich innerlich auflehnt, eine Tür knallt oder sonst was. „Er hat das einfach hingenommen“, sagt Hoeneß – und brav in der Oberliga gespielt. Anfang Dezember sahen Hoeneß und Stevens keine andere Möglichkeit mehr, als mit Karwan Klartext zu reden. „Mein lieber Freund, das ist zu wenig“, klagten sie, und dann haben sie ihm laut Hoeneß „sehr, sehr konkrete Dinge“ genannt, die sie von ihm erwarteten: dass er größere Risikobereitschaft zeige, in der Offensive das Dribbling suche, dass er frecher werden und sich mehr artikulieren müsse. „Offensichtlich hat er ein bisschen nachgedacht“, sagt Hoeneß.

Beim Testspiel gegen Spartak Moskau im Trainingslager hat Hoeneß deutliche Fortschritte ausgemacht. Zwar wurde Karwan hinterher vorgeworfen, drei gute Chancen ausgelassen zu haben, aber Herthas Manager war erst mal froh, dass er sich diese Chancen überhaupt erarbeitet hatte. „Er hat eine Reaktion gezeigt“, sagt Hoeneß. „Das ist noch kein Grund zur Euphorie, aber ein Schritt nach vorne.“

Vor großer Euphorie muss Bartosz Karwan wohl selbst am wenigsten bewahrt werden. Zu seinen Chancen, gegen Dortmund zu spielen, sagt er: „Mal gucken.“

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