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Form und Schwäche. In der ersten Runde von Paris konnte Lisicki noch nicht überzeugen, obwohl sie ein vermeintlich leichtes Los erwischt hatte. Foto: dpa

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French Open in Paris: Sabine Lisicki: frustriert und verunsichert in Runde zwei

In Paris könnte Sabine Lisicki zeigen, dass ihre bisweilen schwachen Leistungen nur an Verletzungen lagen. Der Auftakt glückte - allerdings musste sie ordentlich zittern.

Und dann wanderte ihr Blick doch noch hinüber auf die kleine Zuschauertribüne von Court No. 6. Mit versteinerter Miene, fast ein wenig vorwurfsvoll, schaute Sabine Lisicki in Richtung von Martina Hingis. Doch die fünfmalige Schweizer Grand-Slam-Siegerin konnte nichts dafür, dass die 24 Jahre alte Berlinerin in dieser ersten Runde der French Open plötzlich den Faden verloren hatte. Dabei hätte es Lisicki beim Auftakt des wichtigsten Sandplatzturniers der Welt eigentlich nicht besser treffen können. Ihr gegenüber stand mit der gerade 17-jährigen Französin Fiona Ferro die jüngste und unerfahrenste Spielerin im Feld, die ihr erstes Match überhaupt auf Tour-Level bestritt. Nur mit einer Wildcard war die auf Rang 416 der Weltrangliste Platzierte ins Hauptfeld gekommen. Leichtere Lose bekommt man nicht bei Grand Slams, doch leicht ist momentan eben nichts für Sabine Lisicki. Mit 6:1 und 7:5 mühte sie sich am Ende in die zweite Runde, in der sie auf Mona Barthel trifft. Die Nummer 74 der Welt bezwang die Italienerin Karin Knapp mit 6:4 und 6:0.

„Es ist immer schwer gegen Spielerinnen, die man gar nicht kennt“, sagte Lisicki, „und mit dem zweiten Satz bin ich sicher nicht zufrieden. Aber ich konnte mich rausziehen, darauf lässt sich aufbauen.“ Doch schon im ersten Satz hatte Lisicki drei Breakbälle gegen sich gehabt. Die junge Französin spielte mutig auf, aber meist etwas zu übermütig. So konnte Lisicki mit ihrer Erfahrung das Geschehen kontrollieren ohne dabei wirklich zu glänzen. Doch dann begann der zweite Durchgang und Ferro wurde sicherer, schnell ging der Teenager mit 2:0 in Führung. Lisickis Aufschlagquote, eigentlich ihre große Stärke, lag gestern nur bei 43 Prozent. Der Berlinerin gelang sofort das Rebreak zum 1:2, doch postwendend gab sie wieder ihren Aufschlag ab. Ständig huschten ihre Blicke zu Hingis, aus der Ferne führten sie einen dauernden Dialog.

Auftakt mit Schwierigkeiten

Lisicki wirkte verunsichert und frustriert. Sie spielte zu überhastet und stand schlecht zum Ball. Und so brachte sie Ferro ins Spiel. Das Break zum 5:4 sollte für Lisicki dann aber alles wieder zurecht rücken, doch sie konnte das Match nicht ausservieren. Erst nach dem 6:5 – dem insgesamt siebten Break im zweiten Satz – hielt Lisicki schließlich stand.

„Ich habe diesen Bruch im zweiten Satz nur gehabt, weil ich krank war“, erklärte Lisicki, „ich habe mit Fieber im Bett gelegen mit allem drum und dran.“ Sie habe sich Sorgen gemacht, ob sie überhaupt in Paris antreten könne. „Vor zwei Tagen wäre es noch nicht gegangen“, fügte sie hinzu. Am Samstag hatte sie jedoch in Roland Garros mit einem französischen Sparringspartner eine normale, einstündige Trainingseinheit absolviert, bei der Lisicki sehr munter wirkte. Inzwischen klingt manches bei ihr nach einem Vorwand. Nach ihrem schwachen Auftritt gegen Ana Ivanovic in der ersten Runde in Stuttgart hatte sie im Frühjahr noch ausführlich auf ihre Schulterverletzung und die dreiwöchige Zwangspause verwiesen und betont, sie habe erstmals seit Monaten überhaupt schmerzfrei spielen können. Zweifellos sind ihre ständigen körperlichen Probleme, die Unpässlichkeiten und Verletzungen, ein Handicap gewesen, doch sicherlich nicht der Hauptgrund für ihre anhaltende Formkrise.

Trainiert Lisicki nicht hart genug?

Zwar steht Lisicki immer noch auf Platz 17 der Weltrangliste, doch in der aktuellen Jahreswertung belegt sie nur Position 63. Seit ihrem Finaleinzug in Wimbledon hat sie 2013 nur noch sechs Turniere gespielt und dabei bloß ein einziges Mal drei Matches in Folge gewinnen können. Und das beim kleinen Turnier in Luxemburg. In dieser Saison gelangen ihr bisher nur beim Masters in Madrid zwei Siege am Stück. Wegen ihrer mäßigen Leistungen hatte Bundestrainerin Barbara Rittner sie nicht für das Fed-Cup-Halbfinale in Brisbane nominiert, und auch sie beobachtet mit Sorge die Auftritte der zweitbesten Deutschen. „Sie muss hart arbeiten und dranbleiben, um wieder Selbstvertrauen zu bekommen und zu ihrer alten Form zurückzufinden“, sagt Rittner. Doch der Vorwurf, dass Lisicki eben nicht immer hart genug trainiert, steht weiterhin im Raum.

Auch an der Seite der gestrengen Hingis scheint noch nicht die Wende zum Guten gelungen zu sein. „Durch die Verletzungen können wir ja erst seit ein paar Wochen richtig arbeiten“, sagt Lisicki. Hingis soll ihr die Balance zwischen einem aggressiven, aber nicht zu fehlerhaften Spiel beibringen, und das richtige Taktieren auf dem Platz. Viel, vielleicht zu viel, war nach Lisickis großem Erfolg in Wimbledon auf sie eingeprasselt. Damit umzugehen, ist ein Lernprozess, in dem Lisicki mittendrin steckt. „Ich kann sehr gutes Tennis spielen“, sagt sie, „ich muss nur den Glauben an mein eigenes Spiel wiederfinden – und der Glaube kommt wieder.“

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