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Sport: Freudlos, hoffnungsvoll

Enttäuschte US-Fans fordern Sieg gegen Italien

Noch nie haben die USA ein WM-Spiel auf europäischem Boden gewonnen. Aber sie geben die Hoffnung nicht auf. „Dann müssen wir eben Italien schlagen“, machten sich die Fernsehreporter schon während des Matches gegen Tschechien Mut. Nachdem das 0:3 gefallen war, wurden die Formulierungen waghalsiger und fordernder: „Ein Sieg gegen Italien ist jetzt Pflicht“, war der häufigste Satz des Kommentators in der letzten Viertelstunde des Spiels. In der Wiederholung klang es nach einer Mischung aus Beschwörung und Verzweiflung.

Solche Erwartungen rückten fachkundige Studiogäste des Senders ESPN zurecht. Eric Wynalda, ein Star des US-Nationalteams und Bundesligaspieler bei Bochum in den Neunzigerjahren, äußerte Zweifel, dass diese amerikanische Mannschaft Italien bezwingen kann, sofern sie nicht deutlich zulegt. Julie Foudy, Weltmeisterin mit den US-Frauen 1999, vermisste Schnelligkeit, Aggressivität und Offensivgeist bei ihren männlichen Kollegen.

Auch in der Niederlage blieben die US- Medien bei ihrer neuen Linie, WM-Nachrichten aus Deutschland prominent zu platzieren. Die „Washington Post“ widmete ihr Titelbild einem enttäuschten US-Fan in Gelsenkirchen: ein Mädchen mit den Stars und Stripes in Rot-Weiß- Blau im Gesicht. „Freudlos, torlos: Die USA stürzen hart“, steht darüber. Die Amerikaner seien von den Tschechen überwältigt worden. Italien habe gegen Ghana eine starke Offensive gezeigt.

Die „New York Times“ vermeldet die Niederlage knapp auf der Titelseite, geht aber im ausführlichen Aufmacher des Sportteils mit den Spielern hart ins Gericht. Eine zu langsam startende Mannschaft sei erst von den Tschechen und dann ihrem Trainer „verprügelt“ worden. Von allen bisherigen Spielen dieser WM sei das die schmerzhafteste Niederlage. Vier Jahre sorgfältiger Planungen und großer Erwartungen, zwei Jahre kampfreicher Qualifikation seien in den ersten fünf Minuten auf desaströse Weise zunichte gemacht worden, schreibt der Reporter aus Gelsenkirchen unter Anspielung auf Jan Kollers frühes Kopfballtor.

Die schonungslose öffentliche Kritik, die Trainer Bruce Arena an Einzelspielern übte, gilt nicht als falsch oder verwunderlich, die Zitate werden als harte, aber sachliche Analyse vermeldet. Der Star des Teams, Landon Donovan, „zeigte keine Aggressivität“, DaMarcus Beasley „hat nichts geliefert“. Und das Lob für Bobby Convey ist vernichtend für seine Kollegen. Er „war einer der wenigen Spieler, die den Mut hatten, die Gegner anzugreifen“. Die Kritisierten wehren sich. Ein Ärgernis sei es, vom Trainer in dieser Weise öffentlich kritisiert zu werden, beschwerte sich Donovan, sagte zu den Vorwürfen aber auch: „Ja, es ist wahr.“

Die Leistung von Spielmacher Claudio Reyna wird unterschiedlich bewertet. Trainer Arena lobte ihn, die Gäste im Fernsehstudio fanden, er sei „sein Geld nicht wert gewesen“.

Für Amerikas Fußballfans ist es diesmal besonders schwer, zu einem gerechten Urteil zu finden. Die Vorberichte in den Medien hatten sie einhellig in dem Glauben bestärkt, noch nie seien die USA mit einem so starken Team zu einer Weltmeisterschaft gefahren. Andererseits waren auch die Warnungen nicht zu überhören und zu überlesen. Angesichts so starker Gegner wie Italien und Tschechien seien die Amerikaner in einer „Todesgruppe“ gelandet. Die Optimisten hatten auf eine Überraschung im ersten Spiel gehofft, wenigstens auf ein Unentschieden spekuliert, dass zusammen mit einem Sieg über Ghana vielleicht fürs Weiterkommen reicht. Realisten hatten zwar eine Niederlage gegen die Tschechen einkalkuliert. Doch die Art, wie die USA verloren haben, hat auch sie enttäuscht.

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