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Sport: „Freundschaftsspiel? Nicht für Brasilien“

Der frühere Nationalstürmer Giovane Elber über die Wichtigkeit des Duells mit Deutschland am Mittwoch, die aufstrebende brasilianische Liga und seine Rinderzucht

Herr Elber, man erreicht Sie derzeit schlecht. Muss man sich als Fußballspieler in Brasilien nach dem Viertelfinal-Aus bei der Copa America verstecken?

Der Ärger hält sich in Grenzen, bis jetzt. Verstecken ist aber immer eine gute Idee (lacht). Aber ich hab ja keinen Elfer verschossen, ich bin auf meiner Rinderfarm und da ist der Empfang schlecht.

Giovane Elber als Cowboy, das klingt aber romantisch.

Die Romantik fängt am Morgen um fünf Uhr mit Aufstehen an. Ab elf Uhr hat es 35 Grad und das ist selbst den Pferden zu heiß. Deshalb ist von zehn bis vier am Nachmittag Pause. Und um acht geht’s ins Bett. Das ist harte Arbeit und ein Geschäft. Dass ich einmal so früh aufstehen würde, war früher undenkbar.

Nun sind Sie ein Großfarmer?

Mit 6500 Rindern bin ich ein kleiner Farmer. 30 000 bis 40 000, das ist normal groß.

Das klingt wieder nach wenig Romantik.

Ich sage Ihnen was: Ab 550 Kilo wird geschlachtet. Romantik gibt es vielleicht bei der Zucht. Fleisch nach Europa oder Asien zu verkaufen, ist etwas anderes.

Haben Sie immer von einer eigenen Rinderfarm geträumt?

Meine Begeisterung wuchs, als ich sie gekauft habe. Man ist mit der Natur verbunden. Wenn es ums Fleisch geht, ist das wie an der Börse. Manchmal wartet man besser noch etwas, wenn der Preis steigen könnte. Einige Dinge aber muss man vorher sicherstellen.

Und das wäre?

Die ganze Aufzucht wird genau dokumentiert, was die Tiere fressen und so weiter. Dass sie gut behandelt werden und dass sie gutes Futter bekommen. Andernfalls bekommt man kein Zertifikat, um nach Europa zu verkaufen.

Stichwort Europa: Wie wichtig ist das Spiel am Mittwoch in Stuttgart gegen Deutschland für Brasilien?

Sehr wichtig, vor allem für den Trainer Mano Menezes. Er muss gewinnen. Bei einer Niederlage fürchte ich, wird es vorn vorne losgehen und es heißt, er muss weg.

Und haben die Pessimisten Recht?

Das geht mir ein bisschen zu schnell. Die Mannschaft ist auf die WM 2014 in Brasilien ausgerichtet. Im eigenen Land Weltmeister zu werden, das ist das große Ziel.

Das funktioniert bisher nicht besonders gut. Ist Brasilien inzwischen etwas ratlos geworden?

Der Generationswechsel hinterlässt Spuren. So etwas geht selbst bei uns nicht einfach so. Den Kader der Selecao zu nominieren, ist ein heikles Thema. Dabei ist die brasilianische Liga besser geworden, es gibt eine Art Aufschwung in der Ersten Liga.

Das müssen Sie uns erklären.

Der wirtschaftliche Aufschwung macht sich im Fußball bemerkbar. Die Klubs haben mehr Geld. Deshalb wechseln nicht mehr alle jungen Toptalente so früh nach Europa wie früher, ein paar der Älteren kommen zurück. Das ist durchaus ein Zeichen.

Gehen die Klubs mit den Mehreinnahmen sorgsam um?

Es gibt viele, die gemerkt haben: Wer nicht seriös wirtschaftet, bekommt ein Problem, da gab es jahrelang immer mal wieder Probleme. Heute wird auch die Nachwuchsarbeit seriöser organisiert. Früher sah manches eher nach chaotischer Zweiter Liga aus.

Kam der Generationswechsel im Nationalteam nicht zu spät? Mancher hatte sich den für die WM 2010 erhofft.

Carlos Dunga hat sich damals entschieden, mehr Erfahrung mitzunehmen, was vor einer WM Sinn macht. Jetzt sind viele zum ersten Mal dabei und müssen mehr Verantwortung tragen. Eine Mannschaft braucht Sicherheit. So komisch das klingt, Brasilien hat heute eher ein Problem im Sturm. Die neue Mannschaft mit den jungen Künstlern muss begreifen, es geht nur mit einer guten Organisation.

Die Zeit für Spieler wie Kaka scheint vorbei – er fehlte zuletzt im Aufgebot.

Vorbei würde ich nicht sagen. Klar ist, die Leistung muss besser werden, Kaka aber war lange verletzt. Der Trainer hat gesagt, er müsse Kaka nicht testen, was ja stimmt. Aber die neuen Spieler melden Ansprüche an. Die jungen Brasilianer sind selbstbewusster als früher. Bei der Copa aber haben sie gemerkt, wie weit der Weg zu einer guten Mannschaft ist.

Brasilien kann in diesem Zusammenhang noch ein wenig testen. Als Gastgeber der WM 2014 muss das Team nicht in die Qualifikation.

Was eindeutig ein Nachteil ist. Hier denken alle, wir stehen 2014 sowieso im Finale, egal, was passiert. Aber Brasilien hat nach der Copa nur noch Freundschaftsspiele. Wettkampf-Spiele aber sind nicht zu ersetzen. Das macht die Sache nicht einfacher.

Und deswegen ist auch das Spiel gegen Deutschland so wichtig für Brasilien?

Das ist vielleicht, das einzige Spiel bis zur WM, das nicht nur ein Freundschaftsspiel ist. Es ist ein Prestigeduell mit Wettkampfcharakter.

Das Gespräch führte Oliver Trust.

Giovane Elber, 39, spielte für den VfB Stuttgart und Bayern München in der Bundesliga. Der Stürmer absolvierte 15 Länderspiele für Brasilien und schoss dabei

sieben Tore.

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