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Sport: Früh in Form

Jan Ullrich beim Tour–Prolog schneller als Favorit Armstrong

WIE VOR HUNDERT JAHREN. Los geht es belanglos. Auf der ersten Etappe fährt das Feld ohne Wertung quer durch Paris nach Montgeron im Süden. Dann fahren sie richtig los – vorm Restaurant „Le Réveil Matin“, wo am 1. Juli 1903 der Start für die erste Tour war. Über Fontainebleau geht es über 168 km ohne größere Steigungen zum Zielort Meaux östlich von Paris.

Paris. Die hundert Jahre alte Tour de France rollt. Und nicht schlecht für Jan Ullrich. Der war im Prolog fünf Sekunden schneller als Lance Armstrong. Am Fuße des Eiffelturms feierte der deutsche Radstar damit ein verheißungsvolles Comeback beim größten Radrennen der Welt. Gewonnen hat der Australier Bradley McGee, der die 6,5 km lange Strecke durch das Zentrum von Paris in 7:26,16 Minuten zurücklegte und damit das Gelbe Trikot für die Jubiläumstour übernahm. Zweiter wurde, sekundengleich, der Brite David Millar. Ullrich hatte auf die Hundertstelsekunde genau die gleiche Zeit wie der Drittplatzierte, der Baske Haimar Zubeldia, letztlich fehlten dem Kapitän des Teams Bianchi 14 Tausendstelsekunden, um selbst auf Platz drei zu kommen, aber er war auch nur zwei Sekunden langsamer als der Sieger. Der Toursieger von 1997 war mit der Leistung und der Platzierung „super zufrieden, ich habe einen guten Sprung gemacht“. Der Schwung von der Tour de Suisse habe ihm gut getan. „Die Motivation ist nach wie vor hervorragend. Ich bin dabei.“ Erstmals bei der Tour de France war Jan Ullrich in einem Zeitfahren schneller als Lance Armstrong, und das gleich um fünf Sekunden.

Der Texaner im Gelben Trikot des Vorjahressiegers, der 1999 und im vergangenen Jahr jeweils den Prolog gewonnen hatte, kämpfte auf der Zielgeraden, stieg aus dem Sattel, fletschte die Zähne, um mit der Bestzeit gleich allen zu zeigen, wer der Boss ist. Doch sein schneller Nähmaschinentritt reichte diesmal nicht – nicht einmal für einen der ersten drei Plätze. Armstrong wurde Siebter, sieben Sekunden hinter dem Australier, der als Bahnweltmeister in der Verfolgung ein ausgesprochener Spezialist für kurze Zeitfahren ist. Zeitfahrweltmeister Santiago Botero vom Team Telekom landete auf dem neunten Platz, neun Sekunden zurück. Der zweimalige Vizeweltmeister Michael Rich von der Mannschaft Gerolsteiner wurde Elfter mit zehn Sekunden Rückstand.

Der deutsche Debütant Daniel Becke landete immerhin unter den ersten 30 bei 198 Teilnehmern, die die Tour ins Rollen brachten. Der Olympiasieger, als Bahnfahrer Spezialist für diese Distanzen, stampfte in Bestzeit (7:43,70 Minuten) durchs Ziel, war aber dennoch nicht zufrieden: „Der Anstieg am Anfang und das viele Kopfsteinpflaster haben meinen genetischen Vorteil aufgefressen.“ Immerhin reichte es zu Platz 25. Weniger gut schnitt der deutsche Rekordteilnehmer Udo Bölts bei den ersten 6,5 km seiner 12. Tour – Start am Eiffelturm, entlang des Seine-Ufers, über die Pont de la Concorde zum Ziel an der Ecole Militaire – ab. Im Ziel keuchte Bölts: „Bin ich froh, dass ich das hinter mir habe. Ich hasse diese Prologe.“

Vor den Radfahrern war ein prominenter Skifahrer, natürlich außer Konkurrenz, über den Stadtkurs gestrampelt - und das nicht einmal schlecht. Hermann Maier, Österreichs Doppelolympiasieger von Nagano, ein Kraftpaket auf dem Velo, schaffte immerhin 8:43 Minuten. Damit wäre er diesmal allerdings Letzter geworden.

Hartmut Scherzer

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