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Rutemoeller

© dpa

Fußball in Teheran: "Die Iraner sind herzlich und fordernd"

Erst arbeitete Erich Rutemöller für die iranische Nationalelf. Nun beginnt sein neuer Job als Sportdirektor von Esteghlal Teheran. Ein Gespräch über Sport und Politik.

Erich Rutemöller arbeitete in den neunziger Jahren als Bundesligatrainer für den 1. FC Köln und Hansa Rostock. Seit 1994 ist er für den Deutschen Fußballbund (DFB) tätig, sieben Jahre davon als Leiter der Trainerausbildung. Über den iranischen Fußballverband landete der 64-Jährige schließlich beim Erstligisten Esteghlal Teheran.

Herr Rutemöller, Sie haben ein halbes Jahr als Berater der iranischen Nationalelf gearbeitet. Wie haben Sie das Land und seine Menschen erlebt?

Ich war in der Zeit nur drei- oder viermal vor Ort. Doch ich kenne Iran und Teheran noch von meinen Lehrgängen als DFB-Trainer. Die Menschen dort sind herzlich, aber auch fordernd. Sie wollen, dass man sich richtig einbringt. Ich habe die Iraner schätzen gelernt. Sie haben mich immer fair und respektvoll behandelt.

Welchen Stellenwert hat der Fußball in Iran?

Einen sehr großen. Im WM-Qualifikationsspiel gegen Saudi-Arabien waren 120.000 Zuschauer im Stadion. Das war eine tolle Atmosphäre. Die Fans sind sehr emotional und sehr enttäuscht, dass sich Iran nicht für die WM qualifiziert hat.

In der kommenden Woche beginnt Ihre Tätigkeit als Sportdirektor für den iranischen Erstligisten Esteghlal Teheran. Haben Sie ein mulmiges Gefühl?

Ich mache mir schon meine Gedanken wegen der dortigen Unruhen. Ich glaube aber, ich bin dort gut aufgehoben. Ich halte ständigen Kontakt zu meinem Dolmetscher, der mich über alles informiert.

Haben Sie mit ihm auch über Politik gesprochen?

Nein, ich habe die Entwicklung nach der Präsidentschaftswahl auch nur im Fernsehen verfolgt. Ich bin am Tag der Wahl zurück nach Deutschland geflogen.

Würden Sie das Land verlassen, wenn sich die Situation verschärfen sollte?

Ich warte die weitere Entwicklung ab. Ich müsste mich natürlich erst einmal mit den Verantwortlichen im Verein besprechen.

In der vergangenen Woche haben einige iranische Nationalspieler während des Länderspieles in Südkorea grüne Armbinden getragen. Grün ist die Farbe der Opposition. Was halten Sie von so einer politischen Geste?

Jeder Spieler muss wissen, was er macht. Ich weiß nicht, ob sie ihr Vorgehen vorher besprochen haben. Generell bin ich der Meinung, dass man Politik und Sport trennen sollte.

Würden Sie einem Spieler ihres neuen Klubs Esteghlal eine solche politische Meinungsäußerung auf dem Platz untersagen?

Ich glaube nicht, dass ich die Befugnis hierzu hätte. Ich würde versuchen zu vermitteln. Nochmals: Politik und Religion sollten vom Sport getrennt bleiben.

Wie berichten die Medien in Iran über den Fußball?

Ich glaube, es gibt in Teheran 17 Tageszeitungen, die ausführlich über Fußball berichten. Deren Seiten wollen erst einmal gefüllt werden. Da wird viel geschrieben, vieles auch falsch dargestellt. Leider spreche ich die Sprache nicht und brauche einen Dolmetscher. In der Vergangenheit ist es vorgekommen, dass Äußerungen von mir unkorrekt übersetzt wurden.

Die Sprachbarriere ist ein Problem. Wie werden Sie damit bei ihrem zukünftigen Klub umgehen?

Ich habe einen Dolmetscher. Bei der Nationalelf war das noch Ali Daei (ehemaliger Bundesligaprofi bei Bayern München, Hertha BSC und Arminia Bielefeld, Anm. d. Red.). Bei der Zusammenstellung des Trainerteams für Esteghlal habe ich großen Wert darauf gelegt, dass der Cheftrainer Iraner ist. Er spricht die gleiche Sprache und hat den gleichen kulturellen Backround wie die Spieler. Die Ansprache über einen Dolmetscher hätte nicht die gleiche Wirkung. Ich habe außerdem einen deutschen Trainer ins Team geholt, Rainer Kraft, der zuletzt die Stuttgarter Kickers trainiert hat.

Wie wurden Sie vom Berater des Nationalteams zum Sportdirektor von Esteghlal?

Als ich noch für die iranische Nationalelf gearbeitet habe, hat mich der Präsident von Esteghlal gefragt, ob ich mithelfen möchte, den Verein voranzubringen. Ich habe den fünfköpfigen Trainerstab zusammengestellt und bin permanent mit dem Präsidenten in Verbindung. Ich werde aber hin und wieder auch auf dem Platz stehen, denn ich fühle mich noch als Trainer und in zweiter Linie als Schreibtischtäter.

Welche Ziele haben Sie sich mit Esteghlal Teheran gesteckt?

Wir stehen unter Druck, wir wollen die Meisterschaft verteidigen. Esteghlal ist neben Persepolis Teheran der Topklub der Liga. Die Erwartungen sind hier immer sehr hoch.

Als Berater der Nationalmannschaft waren Sie nur selten vor Ort. Werden Sie nun häufiger im Land sein.

Ja, das bringt die Arbeit für ein Klubteam mit sich. Ich habe eine kleine, nette Wohnung im Norden Teherans. Ich werde aber weiter zwischen Deutschland und Iran pendeln. Ich kann gar nicht ständig vor Ort sein, da ich noch Verpflichtungen gegenüber der Fifa, der Uefa und dem DFB habe.

Die Fragen stellte Matthias Bossaller

ZEIT ONLINE

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