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Fußball-Nationalelf: Palästinas Premiere

Erstmals hat die palästinensische Nationalmannschaft ein Heimspiel ausgetragen. Mit dabei waren sogar Spieler aus dem abgeriegelten Gazastreifen.

Noch fehlt ihnen ein eigener Staat, doch an Nationalstolz mangelt es nicht. 6000 palästinensische Fußballfans feierten am Wochenende eine historische Premiere – das erste internationale Spiel auf heimischem Boden. Ohrenbetäubender Jubel, Trommeln und Klatschen füllte die neue Arena in Ram, einem Vorort von Ost-Jerusalem, als der Schiedsrichter am Sonntagabend die denkwürdige Partie anpfiff. Die palästinensische Nationalmannschaft war erstmals Gastgeber, Jordanien stellte den ersten Gegner. Angereist war sogar Fifa-Präsident Joseph Blatter, der in Ramallah wie ein Staatschef empfangen wurde, und dem Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas den ganzen Tag nicht von der Seite wich. „Wir sind gekommen, um einen Traum Wirklichkeit werden zu lassen – das palästinensische Nationalteam spielt in seinem eigenen Stadion“, erklärte Blatter.

Mit vier Millionen Dollar hatte der Weltfußballverband die Renovierung der Spielstätte finanziert, die als erste und einzige im Palästinensergebiet internationalen Standards entspricht. Noch am Morgen vor dem Spiel wurde hektisch gewerkelt, Werbebänder aufgestellt und die Ehrentribüne für die Regierungsmitglieder und Diplomaten hergerichtet, während draußen ein Bulldozer auf dem staubigen Vorplatz Zugangswege für die Zuschauer walzte.

Zum palästinensischen Team gehören Spieler aus der Westbank und Ostjerusalem, aber auch aus dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen. Einer kam sogar extra aus Chile. Doch nur fünf der sechs Gaza-Spieler bekamen von Israel eine Reiseerlaubnis. „Ich bin traurig und sauer, weil es mir verwehrt wurde, an diesem historischen Ereignis teilzunehmen. Von einem solchen Spiel habe ich immer geträumt“, sagte Kapitän Saeb Jundiyeh, der das Spiel am Fernsehen verfolgen musste. Seit der Machtübernahme durch Hamas im Juni 2007 haben Israel und Ägypten den Gazastreifen praktisch komplett von der Außenwelt abgeriegelt – niemand kommt mehr rein oder raus, es sei denn mit aufwendiger Sondergenehmigung. Auch ein beträchtlicher Teil der Lebensmittel und des Benzins kommt inzwischen nicht mehr über die offiziellen Übergänge, sondern durch die mehr als 800 unterirdischen Tunnel, die in den vergangenen Monaten an der Ostgrenze von Gaza zu Ägypten gegraben worden sind.

Seit zehn Jahren existiert die palästinensische Nationalmannschaft schon, ihre „Heimspiele“ aber musste sie bisher in Jordanien oder in Qatar austragen. „Nun haben wir ein Stadion – und die palästinensische Fahne weht hier“, sagte der 30-jährige Abu Sharif Reportern vor Ort: „Endlich ist Palästina auf der Landkarte des internationalen Sports.“

Nach zehn Minuten konnten die palästinensischen Fans das erste Tor bejubeln, als Ahmed Kashkash ihr Nationalteam in Führung brachte. Nach der Halbzeitpause glich Jordanien durch Raed Nawatirkurz aus, am Ende trennte man sich schiedlich und vor allem friedlich unentschieden. „Diese Spiel zeigt, dass die israelische Besetzung, die Abriegelungen der Westbank und der schwierige Alltag uns nicht den Schneid abgekauft haben – wir können noch lachen und glauben an eine bessere Zukunft“, sagte der Präsident des palästinensischen Fußballverbands Jibril Rajub. Unter dem verstorbenen Jassir Arafat war Rajub einst gefürchteter Sicherheitschef der Westbank. Inzwischen hat er sich ganz dem Sport verschrieben, im Sommer bereits die palästinensische Fußballliga reaktiviert. Seine zwielichtiges Image stört den korpulenten Ex-General nicht: „Meine Anwesenheit im Stadium stellt jedenfalls sicher, dass die Spiele ohne Zwischenfälle verlaufen“, sagte er mit einem Schmunzeln.

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