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Sport: Fußball ohne Zuschauer

Italiens Regierung beschließt Paket gegen Gewalt – Klubs drohen mit Streik

Trotz des Widerstandes italienischer Profivereine bleibt die Regierung in Rom hart im Kampf gegen Gewalt in Fußballstadien. Spiele müssen künftig ohne Zuschauer stattfinden, wenn die Sicherheit nicht gewährleistet ist.

Vor der Kabinettsitzung am Mittwoch, bei der ein Paket harter Maßnahmen beschlossen wurde, hatten die 42 Vereine der Spitzenligen A und B mit Kriseninterventionen versucht, das Schlimmste zu verhindern. Vergeblich. Spiele vor Publikum dürfen ab sofort nur noch in Stadien ausgetragen werden, die den Sicherheitsnormen entsprechen. Die Fans müssen draußen kontrolliert werden und dürfen das Stadion nicht mehr in Gruppen, sondern nur noch einzeln betreten.

Da die Regierung keinen Aufschub mehr dulden will, bedeutet das einstimmig verabschiedete Gesetzesdekret, dass am Sonntag zwar der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden kann, die gesamte B-Liga (22 Mannschaften) aber vor leeren Rängen spielt. Und in der A-Liga (20 Mannschaften) erfüllen nur die Vereine in Rom, Turin, Siena und Palermo die Richtlinien. Gerade gegen die Sperre der nicht gesetzeskonformen Stadien hatten sich die Fußballpräsidenten aufgelehnt. Aurelio De Laurentiis aus Neapel kündigte an: „Wir streiken. Und die 100 Milliarden Euro Schaden, die uns entstehen, fordern wir vom Fußballbund und der Regierung zurück.“ Zum Streik rief auch Ivan Ruggieri auf, Chef der A-Liga-Mannschaft Atalanta Bergamo. Und Aldo Spinelli, Präsident des „roten“ Livorno, sprach von „totalem Chaos“, falls man nicht regulär spielen könne.

Mittlerweile hat sich auch der Europäische Fußball-Verband (Uefa) auf die Seite der Regierung geschlagen. Sollten Inter Mailand und AC Milan nach italienischem Recht in ihren Stadien vor leeren Rängen spielen müssen, gelte dies auch für die Achtel-Finalspiele der Champions League – gegen Valencia am 21. Februar und gegen Celtic Glasgow am 7. März.

Die italienische Regierung will zudem durchsetzen, dass Eintrittskarten nummeriert und so an Sitzplätze gebunden werden; außerdem dürften Tickets eigentlich schon seit zwei Jahren nur gegen Personalausweis verkauft werden. Die Abgabe von Kartenkontigenten an Auswärtsteams wird verboten. Damit will man den organisierten Fantransport unterbinden und den meist rechtsextremen Tifosi-Gruppen das Wasser abgraben: Oft liegt die Organisation des Transfers in ihren Händen; Vereine (wie Catania) traten ihnen auch – teils freiwillig, teils unter Erpressung – kostenlose Eintrittskarten im Tausenderpack ab, welche die Gruppen dann zur Eigenfinanzierung weiterverkaufen durften. Künftig wird jegliche Geschäftsbeziehung zwischen Klubs und Fanvereinigungen untersagt.

Stadionverbote gegen offensichtlich gewaltbereite Tifosi dürfen künftig auch vorbeugend ausgesprochen werden; auf richterliche Anordnung können die Gesperrten während der Spiele zu „sozial nützlichen Arbeiten“ herangezogen werden. Damit will man die weit verbreitete Praxis unterbinden, dass sich Fans vor dem Spiel zwar ordnungsgemäß bei der Polizei melden, dann aber heimlich doch ins Stadion gehen.

Sportminsterin Giovanna Melandri sagte, die Regierung habe die angekündigte Strenge mit einem Verständnis für die Fußballbegeisterten verbunden: „Wir haben nicht nur Muskeln gezeigt, sondern auch Hirn und ein bisschen Herz.“ Aber Sicherheit „steht über allem anderen.“

Eine Blitzumfrage gibt der Regierung recht. 57 Prozent der repräsentativ befragten Italiener unterstützen die in der Hauptsache bereits am Montag angekündigten Maßnahmen; 54 Prozent sagen sogar, sie träten für eine weitere Unterbrechung des Spielbetriebs ein. Die Maßnahmen im einzelnen erhalten Zustimmungsraten zwischen 69 und 100 Prozent

Auffallend still hat sich bisher einer der einflussreichsten Klub-Präsidenten Italiens verhalten: Silvio Berlusconi. Weder zu den Krawallen noch zu den Plänen der Regierung hat er sich geäußert. Beobachter aber sind sicher, dass der Eigentümer des AC Milan und abgewählte Regierungschef nur auf eine günstige Gelegenheit wartet, um populistisch gegen die Regierung aufzutreten.

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