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Fußball und Marketing: Verkaufe sich, wer kann!

Die meisten Stadien tragen längst die Namen von Versicherungen und anderen Großkonzernen. Doch warum sollte man nicht auch die Eckfahne verkaufen? Den Elfmeterpunkt? Und den Pfosten? Noch sind die Potenziale nicht ausgereizt!

Vor nicht allzu langer Zeit ist gegen erheblichen Widerstand das Dortmunder Westfalenstadion in "Signal Iduna Park" umbenannt worden. Für sechs Jahre und 20 Millionen Euro, wie man hört. Nur ein einziges Mal hat bisher der Widerstand gesiegt. Dank der von Fritz Teufel jr. organisierten Stadt-Guerilla konnte in München konnte die "Liqui-Molly-Arena" verhindert werden. Dafür hat man die "Allianz-Arena" bekommen. Mehr ein Pyrrhus-Sieg als ein echter Erfolg.

Obgleich die erste beziehungsweise zweite Phase noch nicht abgeschlossen ist, möchte das Reporterschandmaul Manni Breuckmann schon jetzt eine weitere Runde in der großen Umbenennungswelle einläuten. Das antike "Rheinstadion" und die jetzige "LTU-Arena" will er erneut umtaufen und "Autohaus-Becker-zweimal-in-Düsseldorf-einmal-in-Ratingen-und-Mettmann-Stadion" nennen. Um eine wichtige Kundeninformation zu transportieren, wie er begründet. Wetten, dass bald die Feministinnen um Alice Schwarzer ihren alten Vorschlag, der seinerzeit von Bundespräsident Rau unterstützt wurde, wieder aus der Mottenkiste ziehen und für eine Umbenennung der vormaligen Arena "AufSchalke" und jetzigen "Veltins-Arena" in "Ernst-Kuzorra-seine-Frau-ihr-Stadion" plädieren! Das wäre dann der dritte Name in sechs Jahren. Bleibt da noch Luft, sich mit der Immobilie zu identifizieren? Im übrigen: Wäre es nicht an der Zeit, die angesehene Marke "Schalke" vom hässlichen Nest Gelsenkirchen komplett zu lösen? Und danach Ausschau zu halten, wo in aller Welt für unvorstellbar viel Geld ein attraktives "Home Team" gesucht wird? Hong Kong hat derzeit Bedarf, wie aus Fernost gemeldet wird. Einst haben die Polen Schalke groß gemacht, warum sollte heute Schalke nicht die Chinesen groß machen!

"Air-Berlin-Tor" und "Daihatsu-Kasten"

Aber zurück zu den Hausaufgaben vor Ort. Die Vermarktung des Fußballs geht ins Detail. Längst haben die Himmelsrichtungen als Orientierungs- und Weg-Marken ausgedient. Statt auf der West-Tribüne nehmen wir heute auf der "Sparkassen-Tribüne" Platz. Die Fans versammeln sich im "König-Pilsener-Segment" statt wie früher in der Nord-Kurve. Die Nachricht über den Stadionlautsprecher, dass heute 30.467 Zuschauer dem Spiel beiwohnen, verdanken wir "der freundlichen Unterstützung durch die Spedition Guckuck: ob nah, ob fern - immer gern!" Die Vermarktung der Torgehäuse ist als nächstes an der Reihe. "Air-Berlin-Tor" und "Daihatsu-Kasten" stehen sich gegenüber. Die Werberechte für die vier Eckfahnen gehen an "Hanuta", "Mövenpick", "Nutella" und die "Fruchtzwerge". Beide Elfmeterpunkte werden einer Golfbälle produzierenden Firma in Nordhorn zur eigennützigen Verwendung überlassen.

Damit sind die Potenziale noch längst nicht erschöpft. Ein Blick auf die beliebten Nachbarsportarten Handball und Eishockey genügt für weitere Anregungen: Die Spielflächen, Eis und Parkett, sind voller Werbebotschaften. Nur das Fußballfeld ist bis dato eine textfreie Zone, "heiliger Rasen", wie die Nostalgiker sagen, "beschämend nackt", wie die Marketingleute antworten. Wie viele nützliche Kundeninformationen ließen sich auf einem Hektar Kunstrasen unverwüstlich unterbringen. "Teppichriesen", aufgewacht und Druck gemacht!

Wie man sieht, genügt ein wenig Nachdenken schon, um zu erkennen, wo überall unausgeschöpfte Ressourcen liegen, wo überall unser geliebter Fußball noch zu optimieren ist. Natürlich müssen wir Fans Opfer bringen. Aber das tun wir heute schon. Schon heute verstellen mir, wenn ich in meinem Stehplatzreservat hinterm Tor stehe, die Werbebanden den Blick auf die Torlinie. Aber das dient ja dem wirtschaftlichen Wohlergehen meines Vereins. Schließlich spielen Dada und Bubu bei uns, und die spielen nicht für ein Butterbrot. Darum nehme ich die Einschränkung gerne in Kauf. Ich bin nichts, mein Verein ist alles!

Die Tore schaue ich mir dann abends im "Sportstudio" an. "Mit freundlicher Unterstützung von VW Passat."

Mit freundlicher Genehmigung von 11freunde.de.

Prof. Dr. Klaus Hansen

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