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Fußball-Vereine: FC Stuttgart statt TSV Hilalspor

Viele türkische Vereine benennen sich um, um ihre Öffnung nach außen zu demonstrieren. Auch in Berlin bekommen immer mehr Klubs deutsche Namen.

Stuttgart - An seine erste Trainersitzung beim TSV Hilalspor erinnert sich Emin Birinci noch ganz genau. Der Vorstand habe gesagt: „Wir werden den Verein umbenennen.“ Der türkische Name sollte durch einen deutschen ersetzt werden, der neue Name die Öffnung des Vereins nach außen demonstrieren. „Ein deutlicheres Zeichen gibt es nicht“, sagt Birinci. Es kam zum offenen Bruch: Als der 1995 gegründete Stuttgarter Fußballverein 2006 in FC Stuttgart-Cannstatt umbenannt wurde, verließen über 40 Personen den Verein – 80 Prozent aller Mitglieder.

Diesen schmerzhaften Verlust hat der FC Stuttgart heute mehr als kompensiert. Auf 260 Mitglieder ist der Verein angewachsen, was vor allem am Ausbau der Jugendarbeit liegt. Nun spielen hier Türkischstämmige mit Deutschen, Italienern, Portugiesen und anderen Nationalitäten. Zum „Türkenverein“ Hilalspor wären diese Jugendlichen nie gewechselt, sagen die Vereinsverantwortlichen. Ömar Cinar, Präsident des FC Stuttgart, begründet sein Engagement mit persönlichen Erfahrungen: „Ich habe als Spieler in den Siebzigern die Anfeindungen auf dem Platz erlebt. Jeder hat in seiner Kultur gelebt. Wir haben wenig miteinander geredet.“ Beim FC Stuttgart läuft das anders. Die Übungsleiter sprächen fast nur Deutsch, versichert Birinci, Trainer der A-Jugend, die acht Nationalitäten zählt: „Keiner darf sich ausgegrenzt fühlen.“

Bundesweit steht der FC Stuttgart mit seiner Namensänderung nicht alleine da. Auffällig ist, dass es meist von Türken gegründete Vereine sind, die sich später einen deutschen Namen geben. „Gerade die türkischen Vereine wollen sich für andere Nationalitäten öffnen“, sagt Siegfried Müller vom Badischen Fußballverband.

In Berlin nannte sich Fenerbahce 2003 in BSV Mitte um, dann ging der Verein im Berlin Ankaraspor Kulübü 07 auf. Beim BSV Hürtürkel denkt man seit einigen Jahren über eine Umbenennung nach, nächstes Jahr soll es so weit sein, hofft BSV-Präsident Orhan Akcay. Selbst beim Vorzeigeverein Türkiyemspor habe es solche Überlegungen gegeben, sagt Manager Fikret Ceylan: „Vor der Wende wollten wir uns FC Kreuzberg nennen, aber die deutschen Mitglieder waren dagegen.“

Der einstige FC Galatasaray Spandau heißt seit letztem Jahr Spandauer FC Berlin 89. Seitdem kamen einige Deutsche hinzu, Funktionäre und vor allem Jugendspieler. Eines aber habe sich nicht geändert. „Die rassistischen Vorfälle haben sogar zugenommen“, sagt Geschäftsführer Burak Isikdaglioglu. Der Unterschied: „Wir werden jetzt nicht mehr wegen unseres Namens, sondern wegen unseres Aussehens beleidigt.“ Matthias Sander

Matthias Sander

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